Die Presseschau: Wie die libanesische Presse den Papst sieht
Wegen des Sonntags
sind nur wenige Zeitungen im Libanon erschienen, aber sie alle berichten ausführlich
über das Besuchsprogramm des Papstes am Samstag. „Was keine Dialogkonferenz je zustande
bekommen würde, das hat der Papst im Präsidentenpalast von Baabda geschafft“, urteilt
ein Kommentator von „L`Orient le Jour“, dem christlich-säkular geprägten Blatt
in französischer Sprache. „Benedikt hat die Gesamtheit der libanesischen Republik
um sich versammelt, Menschen aller politischen Gruppen, Freunde und Feinde.“ Schon
bei der Fahrt Benedikts zum Präsidentenpalast habe „eine Atmosphäre wie auf einem
Dorffest“ geherrscht, mit einer „bis zum Delirium ausgelassenen Menschenmenge“. Bei
der Berichterstattung über das Jugendtreffen mit dem Papst in Bkerke liegt der Akzent
darauf, dass Benedikt die Jugendlichen zum Bleiben in ihrer Heimat aufgefordert habe:
Trotz aller Schwierigkeiten sei das immer noch besser als der „bittere Honig“ des
Exils. Längst gibt es sehr viel mehr Libanesen im Ausland (etwa Frankreich oder Brasilien)
als im Libanon selbst, wo ihre Zahl bei etwa vier Millionen liegt.
„Der Papst
ruft die Welt auf, Lösungen für die Syrien-Krise zu finden“: So lautet die Schlagzeile
des „Daily Star“ auf seiner Internetseite am Sonntag. Der Bericht von der Messfeier
Benedikts in Beirut vermerkt, dass 1.400 Journalisten aus aller Welt direkt vom Gelände
der Messfeier berichtet hätten. Derweil würden US-Schnellrestaurants in libanesischen
Städten vom Militär gegen den Volkszorn beschützt; in der nördlichen Stadt Tripoli
hätten jetzt die maßgeblichen islamischen Autoritäten den Angriff von Moslems auf
ein Restaurant scharf verurteilt. Bei dem Angriff war am Freitag eine Person getötet
worden.
„Der Papst vereint den Libanon“, titelt an diesem Sonntag die größte
arabischsprachige Zeitung im Libanon „Al-Nahar“. Das Bild der Einigkeit, das
die Politiker und Religionsvertreter des Landes im Präsidentenpalast während der Rede
Benedikts gegeben hätten, sei erstmalig und beeindruckt. „Al-Nahar“ betont, dass der
Papst vor Jugendlichen in Bkerke kurz von Syrien gesprochen hat: Das habe allen Syrern
gegolten. Die Zeitung „Al-Diyar“ behauptet, Benedikt habe bei seinen Vier-Augen-Gesprächen
mit Politikern eindringlich vor einem Übergreifen des syrischen Kriegs auf den Libanon
gewarnt. Die Politiker im Land sollten darum nicht mit dem Feuer spielen. Ob diese
Papst-Äußerungen nun authentisch sind oder nicht: Dass „Al-Diyar“ sie wiedergibt,
zeigt, wie sehr Benedikt XVI. hier in der Region als politischer Faktor wahrgenommen
wird.