Sonntagsbetrachtung
am 16.09.2012 (B, 24. Sonntag) von Stadtdechant und Münster-Pfarrer Msgr. Wilfried
Schumacher, Bonn
Aus dem Markusevangelium, 8: 27-35
In jener Zeit ging
Jesus mit seinen Jüngern in die Dörfer bei Cäsarea Philippi. Unterwegs fragte er die
Jünger: Für wen halten mich die Menschen? Sie sagten zu ihm: Einige für Johannes
den Täufer, andere für Elija, wieder andere für sonst einen von den Propheten. Da
fragte er sie: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Simon Petrus antwortete ihm: Du
bist der Messias! Doch er verbot ihnen, mit jemand über ihn zu sprechen. Dann begann
er, sie darüber zu belehren, der Menschensohn müsse vieles erleiden und von den Ältesten,
den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er werde getötet, aber
nach drei Tagen werde er auferstehen. Und er redete ganz offen darüber. Da nahm
ihn Petrus beiseite und machte ihm Vorwürfe. Jesus wandte sich um, sah seine Jünger
an und wies Petrus mit den Worten zurecht: Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen!
Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen. Er
rief die Volksmenge und seine Jünger zu sich und sagte: Wer mein Jünger sein will,
der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer
sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen und
um des Evangeliums willen verliert, wird es retten.
Betrachtung von
Stadtdechant und Münster-Pfarrer Msgr. Wilfried Schumacher, Bonn
Manchmal kann
es gefährlich sein, einen Freund zu haben, denn so sagt Sören Kierkegaard „ein Freund
hilft einem gewiss nicht zum Wagen und Opfern, wohl aber zum Feilschen und herunter
gehen.“ Das harte Wort, das Jesus dem Petrus sagt, und seine Forderungen an die
Volksmenge offenbaren: Jesus ist nicht der Mann des Feilschens und des Heruntergehens.
Wenn es um den Willen Gottes geht, ist er entschieden und kennt kein Pardon, gibt
sich mit halben Sachen nicht zufrieden. Überall gibt es heute Light-Produkte zu
kaufen, die „leichte Welle“ ist in. Aber Christsein in abgespeckter Version - das
geht nicht. Das Kreuz steht für jeden bereit, es ist aus Holz und nicht aus Plastik.
Es gehört zum Paradoxen unseres Glaubens, dass der Weg zur Auferstehung über Golgota
führt. Umgehungsstraßen gibt es nicht. Das Christentum ist nicht die Religion der
Leid- und Schmerzlosigkeit, wohl aber ist es die Gemeinschaft dessen, der Leid und
Tod überwunden hat und dies auch den Seinen in Aussicht stellt. Angesichts dessen
fordert Jesus seine Jünger bei Caesarea Philippi in die Entscheidung. „Für wen halten
die Leute mich“, fragt er sie. Aber es geht ihm nicht um das Geschwätz der Menschen,
sondern um das Bekenntnis seiner Freunde: „Für wen haltet ihr mich?“, konkretisiert
er seine Frage. Die Antwort, die Petrus gibt, klingt überzeugend, allerdings wird
sehr schnell klar, die Konsequenzen sind schwieriger. Petrus, der Gottes Macht erwartet,
wird mit Gottes Ohnmacht konfrontiert. In Caesarea Philippi, hoch oben im Norden
Israels, beginnt der Weg hinauf nach Jerusalem. Es steht uns nicht an, uns über Petrus
in dieser Situation zu erheben. Denn die Frage wird auch an uns gestellt: Du aber,
für wen hältst du mich? Ich kann nur beten und hoffen, dass ich eine Antwort gebe,
die ich auch leben kann, und dass ich nicht auf halbem Weg nach Jerusalem schlapp
mache. Und ich möchte immer einen Freund an der Seite haben, der mich nicht zum Feilschen
und Heruntergehen animiert, sondern zum Wagen und Opfern.