Lombardi: „Der Papst ist ein Prophet, er muss weitersehen“
In ganz Beirut Fahnen
des Vatikans und Transparente mit dem Bild des Papstes – das hat Pater Federico Lombardi
besonders überrascht. Der Jesuit und Pressesprecher des Vatikan freut sich über den
guten Empfang für den Papst. Unser Korrespondent Stefan Kempis sprach mit Lombardi
über die ersten Stunden des Papstes in Beirut.
Pater Lombardi, der Papst hat
den so genannten Arabischen Frühling überraschend positiv gewürdigt. Wie kommt das?
Viele Kirchenleute hier im Nahen Osten sehen den Arabischen Frühling doch sehr kritisch…
„Nun,
der Papst ist ein Prophet, er muss weiter sehen, und er muss hoffen. In diesem Sinn
halte ich es für sehr positiv, zunächst einmal Hoffnung zu haben und das Gute an diesen
Entwicklungen zu sehen, um zum Positiven beizutragen. Denn wenn man nur das Negative
sieht, dann hilft man den Menschen nicht. Ich glaube, der Papst hat gut verstanden,
welche positiven Erwartungen es im Zusammenhang mit diesem Arabischen Frühling gibt.
Aber der Papst ist gleichzeitig Realist. Er hat gesagt: Wie bei allen Revolutionen
sucht man zunächst nach Freiheit, doch dann wird nicht unbedingt die Freiheit realisiert,
sondern es kommt zu Gewalt und zu schlechten Lösungen. Dazu kommt die Verantwortung,
die gewonnene Freiheit gut zu nutzen. Das ist auch das Problem: Der Arabische Frühling
hat eine Öffnung gebracht, aber wir haben noch nicht vollständig das Positive gesehen.“
Ist
es eigentlich mutig, dass der Papst trotz der Sicherheitsbedenken an der Reise festhält,
auch in diesen Tagen der Unruhen unter vielen Muslimen nach dem Youtube-Video?
„Es
war von vornherein klar, dass die Lage im Nahen Osten nicht leicht ist. Natürlich
ist das Problem mit diesem dummen Video sehr ernst. Wir haben das auch gesagt: Man
muss sehr, sehr vorsichtig sein, wenn man mit den Symbolen und Sensibilitäten anderer
Religionen spielt, das ist wirklich unverantwortlich! Aber das ist nicht das einzige
Problem, es gibt auch andere und größere, etwa den Konflikt in Syrien. Der Papst wollte
gerade in dieser Situation von Frieden sprechen und Frieden bringen – zumindest tun,
was in seiner Verantwortung steht. Jeder von uns muss tun, was er kann, und es vor
Gott verantworten! Der Papst weiß das sehr wohl, er tut was er kann – und das ist
viel.“
Was kann der Heilige Vater in einer so komplizierten Region wie
dem Nahen Osten konkret erreichen?
„Was bedeutet denn ,konkret'? Wenn ich
ein guter Christ bin und mich in der Gesellschaft engagiere, nicht korrupt bin in
meiner wirtschaftlichen Tätigkeit und etwa als Journalist die Wahrheit sage usw.,
dann mache ich es schon richtig! Das ist es, was ein Christ machen muss. In diesem
Sinn ist der Papst ein Hirte, der den Christen sagt, ihr müsst mit Kohärenz ein gutes
Zeugnis als Christen geben. Das würde die Welt verändern.“