2012-09-14 11:59:30

Nuntius in Beirut warnt vor politischer Auslegung der Papstworte


Der Apostolische Nuntius in Beirut hat davor gewarnt, die Gesten und Worte des Papstes im Libanon politisch auszulegen. Für das Land sei der Besuch eine Chance, „erneut die Größe und Schönheit der eigenen Berufung als Nation“ zu erkennen, nämlich die Aufgabe, als „verschiedene Identitäten in gegenseitigem Respekt zusammenleben“, so Erzbischof Gabriele Giordano Caccia im Interview mit dem Fides-Dienst.

Der Besuch des Papstes findet in einer Zeit statt, in der das fragile politische Gleichgewicht des Landes durch die Ereignisse in Syrien, die soziale Unzufriedenheit und die Wirtschaftskrise auf eine harte Probe gestellt wird. Dazu der Vatikan-Diplomat: „Es kann sein, dass es hier und da jemanden gibt, der verschiedene Aspekte des Papstes für sich vereinnahmen will. Doch es wäre gut für alle, wenn man den weiteren Horizont des Papstbesuchs berücksichtigen würde, der alle Problematiken im ganzen Nahen Osten umfasst und nicht nur die politische Lage im Libanon.“

Das Nachsynodale Apostolische Schreiben, dass der Papst den Bischöfen des Nahen Ostens überreichen wird, enthalte „Vorschläge und Richtlinien, die die Ortskirchen im jeweils eigenen Kontext im Bereich der Erziehung, der Wirtschaft des Sozialen, der humanitären Hilfe und der Politik umsetzen sollen. Unter anderem fanden seit der Sondersynode für den Nahen Osten in der Region große und oft verworrene Veränderungen statt, die noch nicht abgeschlossen sind.“ Papst Benedikt wird das postsynodale Schreiben an diesem Freitagabend unterzeichen und damit veröffentlichen. Am Sonntag überreicht er es dann persönlich den Bischöfen bei einer großen Messe in Beirut.

Angesichts einer geforderten „Stellungnahme“ der Kirche im Hinblick auf den Konflikt in Syrien und die Aufstände im Nahen Osten erklärte Erzbischof Caccia in dem Interview, welche Kriterien der Heilige Stuhl bei der Einordnung der Ereignisse zugrunde legt. Nach Ansicht des Nuntius sollte man auf die jüngsten Äußerungen von Papst Benedikt XVI. zu den Ereignissen im Nahen Osten zurückblicken, bis hin zu seinen Worten beim Angelusgebet am vergangenen Sonntag. An erster Stelle stehe dabei das Leid der Völker. „Alle beteiligten Parteien sollten sich deshalb dafür einsetzen, dass die Spirale der Gewalt beendet wird, damit sich die Ereignisse in eine andere Richtung entwickeln. Dabei sollten alle Handelnden an einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemeinschaft beteiligt werden. Eine erste Initiative der Mittlertätigkeit von Kofi Anann ist leider gescheitert, doch seine Argumente sind weiterhin gültig. Außerdem sollte man im Hinblick auf die Ereignisse in Syrien berücksichtigen, dass es, abgesehen von den Geschehnissen vor Ort um eine Neuausrichtung der Achse der regionalen Mächte geht.“

Mit Blick auf ein solches globales Szenarium seien auch die Vorwürfe gegen die Christen im Nahen Osten, die auf der Seite des Regimes stehen sollen, ganz offensichtlich falsch. „Man sollte stets auf der Seite derjenigen stehen, die die Achtung und die Umsetzung der Prinzipien der Freiheit und der Menschenwürde fordern. Doch diese Unterstützung sollte auch die tatsächliche Wirklichkeit in Betracht ziehen“, sagte Erzbischof Caccia. Wie bereits der maronitische Patriarch Bechara Boutros Rai betont habe, unterstützen Christen keine autoritären Systeme, fürchteten aber die Auflösung der Staaten.

„Man hat Angst davor, dass es eine ähnliche Entwicklung wie im Irak geben könnte, wo im Alltag keinerlei Sicherheit mehr gewährleistet ist“, so der Nuntius in Beirut. Die syrischen Christen befürchteten den Fall jener zivilen Ordnung, die ein Minimum an Sicherheit im Alltag garantiert. „Aus diesem Grund muss die internationale Staatengemeinschaft, so schwierig dies auch sein mag, nach möglichen Wegen suchen, die dazu führen, dass die beteiligten Parteien die Willkür der Gewalt beenden“, betonte Caccia, „denn die Alternative lautet Leid und Schmerz für alle. Gewalt macht vor niemandem Halt. Dies wird auch an der traurigen Situation der Flüchtlinge deutlich, die unterschiedslos aus allen Religionsgruppen kommen.“

(fides/zenit 14.09.2012 pr)








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