2012-09-14 14:07:57

Benedikt würdigt Arabischen Frühling und warnt vor dessen Risiken


RealAudioMP3 Vor der Ankunft im Libanon hat Papst Benedikt XVI. während des Fluges eine Pressekonferenz gegeben, ein seit Papst Johannes Paul übliches Vorgehen. Die erste Frage bezog sich auf die Gewalt, die mit dem Nahen Osten verbunden ist: Der Jahrestag der Anschläge vom 11. September liegt gerade zurück, der Jahrestag des Massakers von Sabra und Shatila wird am Sonntag begangen. Mit welchen Gefühlen der Papst diese Reise unternehme, wollten die Journalisten wissen. Und: Ob wegen der Sicherheitslage eine Absage der Reise zur Debatte gestanden habe.

Niemand habe ihm von der Reise abgeraten und er selber habe eine Absage auch nie erwogen, so der Papst. Gerade so schwierige Situationen brauchten umso mehr Zeichen der Brüderlichkeit, Ermutigung und Solidarität. Er wolle zum Dialog einladen. Johannes Paul II. habe den Libanon ein „Zeichen der Begegnung“ genannt, er selber sei sich dessen sehr bewusst und auch all derer, die für ein friedliches Miteinander arbeiteten. Er sei sich sicher, einen wirklichen Dienst für das Wohl der Menschen und für den Frieden leisten zu können.

Fundamentalismus und Islam
Eine zweite Frage während der Pressekonferenz bezog sich auf das Verhältnis zum Islam: Auf der einen Seite bestünde der Vatikan immer auf einem Dialog, auf der anderen Seite seien viele Menschen gerade im Nahen Osten unsicher und verließen das Land, gerade wegen eines wachsenden Fundamentalismus im Islam.

Fundamentalismus sei immer eine Verfälschung von Religion, so der Papst, er widerstrebe dem Sinn von Religion, die doch Gottes Frieden in die Welt bringen wolle. Es sei eine Herausforderung für die Kirche und alle Religionen, sich von dieser Versuchung frei zu machen. Man müsse sich gegenseitig respektieren. Jeder sei ein Abbild Gottes, und so müsse die Botschaft der Religionen sich gegen die Gewalt richten und für Versöhnung und Frieden eintreten.

Gefahr für das Überleben des Christentums?
Der so genannte „arabische Frühling“ habe eine Welle der Demokratie gebracht, gleichzeitig habe er aber auch die Christen in eine politische Minderheitenposition gedrängt. Der Papst wurd gefragt, ob er nicht das Risiko sehe, dass das Überleben des Christentums in der Region gefährdet sei?

„Zunächst einmal ist der arabische Frühling etwas Positives“, antwortete der Papst wörtlich, er drücke einen Wunsch aus nach mehr Demokratie, mehr Freiheit, mehr Zusammenarbeit und nach einer erneuerten arabischen Identität. Leider seien Revolutionen immer von der Gefahr begleitet, die Toleranz für den Anderen zu vergessen. Freiheit sei immer geteilte Freiheit, nur in diesem Teilen und in der Solidarität, im Zusammenleben, könne sie wachsen. Christen und Muslime hätten gemeinsam diese Länder aufgebaut, sie könnten gar nicht anders als zusammen leben und arbeiten. Er selber denke also, dass man die positiven Aspekte der Bewegung und damit das richtige Verständnis von Freiheit stärken müsse.

Die Situation in Syrien
Die Situation in Syrien stand während der gesamten Vorbereitungszeit der Reise immer im Hintergrund, hier fühlten sich viele Christen – wie auch im Irak – gezwungen, das Land zu verlassen. Was für eine Hilfe könne der Papst in dieser Situation anbieten, was sage er zu den Menschen in Syrien?

Nicht nur Christen flöhen, auch Muslime, so der Papst. Es bestehe allerdings die Gefahr, dass die Christen permanent vertrieben würden, man müsse alles tun, ihnen beim Bleiben zu helfen. Die wichtigste Hilfe dabei sei ein Ende der Gewalt. Dazu müsse man auf der eigenen Botschaft des Friedens beharren und selber nicht zur Gewalt greifen. Wichtig sei auch die Arbeit der Journalisten: sie zeige, wie sehr diese Gewalt zerstöre und damit niemandem diene. Außerdem müsse die Einfuhr von Waffen nach Syrien enden, ohne sie könne der Krieg nicht weitergehen. Wörtlich bezeichnete Papst Benedike den Waffenimport als „schwere Sünde“. Stattdessen brauche es in Syrien die Einfuhr von Ideen, von Frieden, von Kreativität. Alles müsse getan werden – auch das Materielle – um der Gewalt ein Ende zu bereiten, damit das Land wieder aufgebaut werden könne.

Das postsynodale Schreiben
Das nachsynodale Schreiben, das der Papst bei seiner Reise übergeben werde, richte sich an eine leidende Christenheit; was für konkrete Schritte biete der Papst über Solidaritätsbekundungen hinaus den Menschen an?

Die Christen müssten die politische Meinung beeinflussen, so der Papst in seiner Antwort. Es gehe um Anstrengungen in der Bildung, aber auch um Ermahnungen von der Seite der Christen her. Darüber hinaus würden die christlichen Hilfsorganisationen bereits materiell helfen. Noch einmal betonte der Papst, dass öffentliche Zeichen der Solidarität, wie ein Gebetstag für den Frieden im Nahen Osten, die öffentliche Meinung sensibilisieren könne und so wirkliche Wirkung haben könne.

(rv 14.09.2012 ord)








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