Benedikt würdigt Arabischen Frühling und warnt vor dessen Risiken
Vor der Ankunft im
Libanon hat Papst Benedikt XVI. während des Fluges eine Pressekonferenz gegeben, ein
seit Papst Johannes Paul übliches Vorgehen. Die erste Frage bezog sich auf die Gewalt,
die mit dem Nahen Osten verbunden ist: Der Jahrestag der Anschläge vom 11. September
liegt gerade zurück, der Jahrestag des Massakers von Sabra und Shatila wird am Sonntag
begangen. Mit welchen Gefühlen der Papst diese Reise unternehme, wollten die Journalisten
wissen. Und: Ob wegen der Sicherheitslage eine Absage der Reise zur Debatte gestanden
habe.
Niemand habe ihm von der Reise abgeraten und er selber habe eine Absage
auch nie erwogen, so der Papst. Gerade so schwierige Situationen brauchten umso mehr
Zeichen der Brüderlichkeit, Ermutigung und Solidarität. Er wolle zum Dialog einladen.
Johannes Paul II. habe den Libanon ein „Zeichen der Begegnung“ genannt, er selber
sei sich dessen sehr bewusst und auch all derer, die für ein friedliches Miteinander
arbeiteten. Er sei sich sicher, einen wirklichen Dienst für das Wohl der Menschen
und für den Frieden leisten zu können.
Fundamentalismus und Islam Eine
zweite Frage während der Pressekonferenz bezog sich auf das Verhältnis zum Islam:
Auf der einen Seite bestünde der Vatikan immer auf einem Dialog, auf der anderen Seite
seien viele Menschen gerade im Nahen Osten unsicher und verließen das Land, gerade
wegen eines wachsenden Fundamentalismus im Islam.
Fundamentalismus sei immer
eine Verfälschung von Religion, so der Papst, er widerstrebe dem Sinn von Religion,
die doch Gottes Frieden in die Welt bringen wolle. Es sei eine Herausforderung für
die Kirche und alle Religionen, sich von dieser Versuchung frei zu machen. Man müsse
sich gegenseitig respektieren. Jeder sei ein Abbild Gottes, und so müsse die Botschaft
der Religionen sich gegen die Gewalt richten und für Versöhnung und Frieden eintreten.
Gefahr
für das Überleben des Christentums? Der so genannte „arabische Frühling“
habe eine Welle der Demokratie gebracht, gleichzeitig habe er aber auch die Christen
in eine politische Minderheitenposition gedrängt. Der Papst wurd gefragt, ob er nicht
das Risiko sehe, dass das Überleben des Christentums in der Region gefährdet sei?
„Zunächst
einmal ist der arabische Frühling etwas Positives“, antwortete der Papst wörtlich,
er drücke einen Wunsch aus nach mehr Demokratie, mehr Freiheit, mehr Zusammenarbeit
und nach einer erneuerten arabischen Identität. Leider seien Revolutionen immer von
der Gefahr begleitet, die Toleranz für den Anderen zu vergessen. Freiheit sei immer
geteilte Freiheit, nur in diesem Teilen und in der Solidarität, im Zusammenleben,
könne sie wachsen. Christen und Muslime hätten gemeinsam diese Länder aufgebaut, sie
könnten gar nicht anders als zusammen leben und arbeiten. Er selber denke also, dass
man die positiven Aspekte der Bewegung und damit das richtige Verständnis von Freiheit
stärken müsse.
Die Situation in Syrien Die Situation in Syrien
stand während der gesamten Vorbereitungszeit der Reise immer im Hintergrund, hier
fühlten sich viele Christen – wie auch im Irak – gezwungen, das Land zu verlassen.
Was für eine Hilfe könne der Papst in dieser Situation anbieten, was sage er zu den
Menschen in Syrien?
Nicht nur Christen flöhen, auch Muslime, so der Papst.
Es bestehe allerdings die Gefahr, dass die Christen permanent vertrieben würden, man
müsse alles tun, ihnen beim Bleiben zu helfen. Die wichtigste Hilfe dabei sei ein
Ende der Gewalt. Dazu müsse man auf der eigenen Botschaft des Friedens beharren und
selber nicht zur Gewalt greifen. Wichtig sei auch die Arbeit der Journalisten: sie
zeige, wie sehr diese Gewalt zerstöre und damit niemandem diene. Außerdem müsse die
Einfuhr von Waffen nach Syrien enden, ohne sie könne der Krieg nicht weitergehen.
Wörtlich bezeichnete Papst Benedike den Waffenimport als „schwere Sünde“. Stattdessen
brauche es in Syrien die Einfuhr von Ideen, von Frieden, von Kreativität. Alles müsse
getan werden – auch das Materielle – um der Gewalt ein Ende zu bereiten, damit das
Land wieder aufgebaut werden könne.
Das postsynodale Schreiben Das
nachsynodale Schreiben, das der Papst bei seiner Reise übergeben werde, richte sich
an eine leidende Christenheit; was für konkrete Schritte biete der Papst über Solidaritätsbekundungen
hinaus den Menschen an?
Die Christen müssten die politische Meinung beeinflussen,
so der Papst in seiner Antwort. Es gehe um Anstrengungen in der Bildung, aber auch
um Ermahnungen von der Seite der Christen her. Darüber hinaus würden die christlichen
Hilfsorganisationen bereits materiell helfen. Noch einmal betonte der Papst, dass
öffentliche Zeichen der Solidarität, wie ein Gebetstag für den Frieden im Nahen Osten,
die öffentliche Meinung sensibilisieren könne und so wirkliche Wirkung haben könne.