2012-09-12 11:00:45

Libanon: Vor dem Papstbesuch


RealAudioMP3 Papst Benedikt XVI. tritt am Freitag seine 24. Auslandsreise an: Er besucht den Libanon, um die Ergebnisse einer Nahost-Sondersynode der Bischöfe vom Herbst 2010 vorzustellen. Schon zum vierten Mal hält sich der Papst im Heiligen Land auf – nach seinen Reisen in die Türkei, nach Israel und Palästina sowie Zypern. Aus Beirut berichtet unser Korrespondent Stefan Kempis.

Beirut downtown: eine moderne City, Hochhäuser ersetzen die Gebäude, die während des Bürgerkriegs in den siebziger und achtziger Jahren zerstört wurden, der Verkehr ist fast noch schlimmer als in Rom, die Hitze auch. Am Freitag kommt der Papst; überall hängen jetzt schon Fahnen des Vatikans, Plakate mit der Aufschrift „Willkommen, Oberhaupt der katholischen Kirche“, allgegenwärtig ist auch das Motto der Reise: „Salami ma`akum“, mein Friede sei mit euch. Auch auf dem „Platz der Märtyrer“ im Stadtzentrum lächelt der Papst von einem Transparent; gleich dahinter erhebt sich die große Moschee, die zur Erinnerung an den vor sieben Jahren ermordeten Ministerpräsidenten Rafiq Hariri errichtet wurde, eine Erinnerung an die ewige innere Zerrissenheit des Libanon.

Benedikt verbringt das Wochenende in der multikulturellsten Stadt des Nahen Ostens: 18 Religionsgemeinschaften werden von der libanesischen Verfassung ausdrücklich anerkannt. Immer schon in seiner Geschichte war der Libanon ein Refugium anderswo verfolgter religiöser Gruppen, ob Drusen, Maroniten oder Schiiten, darum bildet er heute ein beispielloses ethnisch-religiöses Mosaik.

Kann der Libanon damit ein Modell für andere Länder des Nahen Ostens sein, so wie sich das die Nahost-Bischofssynode vor anderthalb Jahren vorstellte? Wohl nur begrenzt, denn in keinem anderen Land der Region gibt es einen solchen Mix der Minderheiten. Dass der Papst die Ergebnisse der Nahost-Bischofssynode also gerade im Libanon vorstellt, birgt ein gewisses Risiko: Es ist nicht gesagt, dass das, was hier in Beirut und Umgebung geschieht, auch wirklich ausstrahlt in den Maghreb oder in Richtung Arabische Halbinsel. Im Libanon sind die Rechte der Christen gesichert – auch weil angesichts der Erfahrung des Bürgerkriegs keiner an die Fiktion rührt, dass sich christlicher und muslimischer Bevölkerungsanteil hier einigermaßen die Waage halten. Überall woanders in der arabisch-muslimischen Welt aber sind die Christen deutlich in der Minderheit, das Modell Libanon ist somit nicht eins zu eins übertragbar.

Das ist die eine Herausforderung an die Papstreise in diese hektische, moderne Stadt. Die andere Herausforderung besteht darin, dass die Synode der Bischöfe kurz vor dem Arabischen Frühling stattfand – als noch Mubarak, Ben Ali und Gaddafi regierten. Jetzt aber herrscht Revolution im Maghreb und in Nahost, da werden sich viele ein Wort des Papstes zum Arabischen Frühling erwarten. Auch das Schlussdokument der Synode, das Benedikt XVI. vorstellen wird, wird man darauf abklopfen, was es zu den derzeitigen Umwälzungen sagt.

Dabei präsentiert der Papst aber das so genannte „Postsynodale Schreiben“ ausgerechnet im einzigen Land der Region (mit Ausnahme Algeriens), wo es gar keinen Arabischen Frühling gegeben hat. Libanon und Algerien, das sind die zwei Länder der Region, die in den neunziger Jahren einen blutigen Bürgerkrieg erlebt haben: Wohl deshalb zögern sie jetzt, sich der allgemeinen Unruhe ihrer Nachbarn anzuschließen. Aber Länder wie Libyen, Syrien oder Ägypten, die derzeit starke innere Umwälzungen erleben, blicken im Moment nicht auf den Libanon – der Heilige Vater wird sich etwas einfallen lassen müssen, um sich dennoch Gehör zu verschaffen.

Mitten in Beirut, wo einst an der so genannten Grünen Linie heftig gekämpft wurde, flanieren heute die Menschen. Dass der Papst kommt, finden sie alle gut, egal ob Christen oder Muslime: Immerhin macht dieser Besuch ein wenig Werbung für den Libanon, das kann das Land gut gebrauchen in einem Jahr, in dem die syrischen Touristen wegen ihres Bürgerkriegs ausgeblieben sind. Der Papst ist in Beirut willkommen – aber einfach wird seine Reise nicht.

(rv 12.09.2012 sk)








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