2012-09-08 10:22:12

Unsere Betrachtung zum Sonntagsevangelium


RealAudioMP3 Taubstumm sein, das heisst ohne Kommunikation mit der Welt sein. Es kommt nichts hinein in den Menschen. Vieles erreicht sein Ohr, aber nichts dringt hinein. Genauso wenig wie Worte aus seinem Mund hinaus dringen. Eine schlimme Behinderung, die heute dank moderner Technik gelindert werden kann.
Taubstumm - muss aber nicht unbedingt ein körperliches Handicap sein. Es gibt auch unter uns Hörenden und Sprechenden das Verschlossene und Verstummte. Wenn wir nicht mehr fähig sind, in Kommunikation mit anderen zu treten, wenn uns die Worte des anderen nicht mehr erreichen, wenn wir keine Worte mehr finden, um mit der Sprache Brücken zum anderen zu schlagen.
Im Evangelium nimmt Jesus den Taubstummen voller Zärtlichkeit beiseite Es gibt Dinge, die kann man nicht auf dem Markt austragen, die muss man schützen vor dem Zugriff der Menge, die brauchen den wirklich intimen, ganz persönlichen Raum.
Allein, abseits, geschützt steht der Taubstumme Jesus gegenüber und Jesus legt den Finger an die Stelle, die der Grund allen Übels ist. „Bloß weg hier", mag da manch einer denken, wer will schon an seinen wunden Stellen berührt werden.
Und doch sehnen wir uns nicht andererseits genau danach? Dass da jemand kommt und uns genau da liebevoll zärtlich berührt, wo wir uns unfertig, behindert, verletzt erleben - nicht nur körperlich, vor allem auch seelisch.
Der Taubstumme hält stand, und er erlebt, wie sich Jesus ihm in intimster persönlicher Weise nähert. Er streicht ihm Speichel auf die Zunge. Wir wissen heute, dass im Speichel unsere unverwechselbare Visitenkarte enthalten ist. Für die Kriminologie eine wertvolle Hilfe.
Wortlos schafft Jesus so eine Brücke zu dem Einsamen. Dann erst spricht er das rettende, machtvolle Wort: Effata! Öffne dich! Brich auf!
Das Evangelium lädt ein, unsere tauben und stummen Stellen wahrzunehmen und sie gleichsam dem Herrn hinzuhalten, damit er das befreiende Wort spricht und wir so erfahren: Er hat alles gut gemacht, er macht, dass die Tauben hören und die Stummen sprechen.

Autor: Wilfried Schumacher, Stadtdechant von Bonn







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