Pakistan: Christliches Mädchen auf Kaution freigelassen
Rimsha Masih kommt
gegen Kaution auf freien Fuß: Ein Richter in Islamabad verfügte an diesem Freitagmorgen
die Entlassung der jungen Christin aus der Haft. Dafür müssen ihre Unterstützer eine
Kaution von einer Million Rupien hinterlegen; das entspricht etwa 8.300 Euro. Eine
Entscheidung über Schuld oder Unschuld ist das nicht. Die ungefähr 13-jährige christliche
Müllsammlerin aus einem Slum am Rand der pakistanischen Hauptstadt wird beschuldigt,
Fetzen eines verbrannten Korans mitgeführt zu haben.
„DRINGEND - “, so meldeten
die ersten internationalen Nachrichtenagenturen um 9.39 Uhr: „Rimsha wird gegen Kaution
freigelassen.“ „Ich akzeptiere ihren Antrag auf Freilassung“, mit diesen Worten zitieren
sie den Richter Muhammad Azam Khan aus Islamabad. Rimshas Anwälte hatten zuvor in
einer mehr als zweistündigen Verhandlung dargelegt, warum das geistig offenbar zurückgebliebene
Mädchen – eine Analphabetin – aus ihrer Sicht nicht gegen den Blasphemieparagraphen
verstoßen habe. Dieser Paragraph stellt die Lästerung von Religion unter Strafe; er
wird oft gegen Angehörige der christlichen Minderheit gewendet, so auch vor drei Wochen
– zeitgleich zum islamischen Opferfest – gegen Rimsha Masih. In dem kleinen und drückend
heißen Gerichtssaal drängten sich etwa achtzig Zuhörer; Demonstrationen oder Unmutsäußerungen
vor dem Gebäude gab es offenbar nicht.
Die polizeiliche Untersuchung zum Fall
Rimsha „ist immer noch im Gang“, erklärte einer der Anwälte, Raja Ikram, einem afp-Journalisten;
das Mädchen darf derzeit Pakistan nicht verlassen. Noch nicht auf freiem Fuß ist der
Imam einer Moschee, die nahe an Rimshas Wohnung liegt; er wurde am letzten Wochenende
verhaftet. Zeugen beschuldigen ihn, dem Mädchen die verbrannten Koranfetzen zugesteckt
zu haben. Sein Ziel sei gewesen, die christlichen Familien zur Flucht aus dem Stadtviertel
zu veranlassen. Einer der wichtigsten muslimischen Verbände Pakistans, der Ulema-Rat,
hat sich hinter Rimsha gestellt. Unklar ist noch, wer die Kaution zahlt und wo Rimsha
fürs erste Aufnahme finden wird. Schließlich müsste sie in ihrem alten Wohnviertel
um ihr Leben fürchten.
Der Pakistan-Verantwortliche von „Human Rights Watch”,
Ali Dayan Hasan, hat die Entscheidung des Richters begrüßt. Tatsache sei allerdings,
„dass das Kind gar nicht erst ins Gefängnis hätte gesteckt werden dürfen“. Er forderte,
alle Anklagepunkte gegen Rimsha fallenzulassen und das pakistanische Blasphemiegesetz
zu ändern.