2012-09-03 14:39:18

Ungarn/Armenien: Kardinal vermittelt


Ungarns Kirchen mit Primas Kardinal Peter Erdö an der Spitze bemühen sich, Armenien zur Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen mit Budapest zu bewegen. Jerewan hatte die Beziehungen am Freitag abgebrochen, weil Ungarn einen aserbaidschanischen Offizier abgeschoben hat. Dabei war dieser 2006 in Budapest wegen Mordes an einem armenischen Soldaten zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Bei seiner Rückkehr nach Aserbaidschan wurde dem Abgeschobenen nun ein Staatsempfang bereitet. Dagegen gab es in Armenien am Wochenende Proteste; in der Hauptstadt Jerewan verbrannten Menschen auch die ungarische Nationalfahne. Präsident Serge Sarkissian sprach von „abscheulichen Ereignissen“ in Aserbeidschan und Ungarn. Sarkissian hatte bereits am Freitag den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Ungarn beschlossen. Er wirft dem EU-Mitglied vor, die Spannungen im Südkaukasus anzuheizen. „Wir wollen keinen Krieg. Aber wenn man uns in einen hineinzieht, dann werden wir standhalten und siegen“, sagte Sarkissian, der auf Russland als Schutzmacht setzen kann.

Unterdessen bemühen sich die ungarische Regierung und die Kirchen des Landes um Schadensbegrenzung. Das Außenministerium verurteilte die Begnadigung des Offiziers durch Aserbeidschan. Dies sei nicht mit internationalem Recht vereinbar, sagte Außen-Staatssekretär Zsolt Nemeth dem aserbaidschanischen Botschafter in Budapest. Baku habe vor der Abschiebung des Mannes in seine Heimat offiziell versprochen, dass dieser dort seine Strafe verbüßen müsse, sagte Nemeth weiter. Dies gehe aus einem Brief des aserbaidschanischen Justizministers vom 15. August an seinen ungarischen Kollegen hervor. Die sozialistische Opposition in Ungarn wirft der rechtsnationalen Regierung vor, Staatsanleihen an das durch seine Öl- und Gasvorräte extrem reiche Aserbeidschan verkaufen zu wollen. Dabei geht es Medien zufolge um zwei bis drei Milliarden Euro, die Aserbeidschan an Ungarn für die Obligationen zu zahlen bereit sei.

Für Ungarns Regierung, die sich auch um einen Brückenbau zu den christlichen Ländern in Osteuropa bemüht, ist die Affäre höchst unangenehm. In einer gemeinsamen Stellungnahme des Außen -und Justizministerium heißt es, Ungarn ehre weitgehend das christliche Armenien, seine Kultur und die Traditionen seines Volkes. Ungarn bedauere den armenischen Schritt. Auch die führenden christlichen Kirchen bekundeten ihre Solidarität „mit den armenischen Brüdern und Schwestern“. Kardinalprimas Peter Erdö richtete als Vorsitzender der Ungarischen Bischofskonferenz am Samstagabend ein Schreiben an Katholikos-Patriarch Karekin II. Erdö weist in dem Brief jede ethnische Gewalt und Hass entschieden zurück. „Wir bitten den Allmächtigen, dass durch die Fürsprache der heiligen Jungfrau Maria das ganze armenische Volk in seinen Schutz nehmen und uns allen an der Gabe der Gerechtigkeit und des Friedens teilhaben lassen möge“, heißt es.

Auch führende Vertreter der ungarischen reformierten und lutherischen Kirche drückten dem Katholikos der armenischen Kirche ihre Solidarität aus. Das von den Bischöfen Gusztav Bölcskei und Peter Gancs unterzeichnete Schreiben versichert dem Patriarchen, dass die beiden Bischöfe und ihre Gemeinden auf der Seite der Kirche und des Volkes von Armenien seien. Sie zweifelten nicht an der Gesetzeskonformität der Maßnahmen der ungarischen Behörden, verurteilten aber die Folgen.

(kap 04.09.2012 sk)








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