2012-08-31 17:37:39

Kardinal Martini ist tot


RealAudioMP3 Der frühere Erzbischof von Mailand, Kardinal Carlo Maria Martini, ist tot. Er starb am Freitagnachmittag im Alter von 85 Jahren nach einer langen Parkinson-Krankheit. Der Jesuit und international renommierte Bibelwissenschaftler leitete die Mailänder Erzdiözese von 1979 bis 2002. Er galt als eine der prägenden Figuren der Weltkirche und zeitweise als aussichtsreicher Kandidat für das Papstamt. In Kontroversen um die Praxis und Lehre der katholischen Kirche trat er oft mit betont pastoralen Positionen hervor und ging besonders auf Nichtglaubende zu. Martini lebte nach seiner Emeritierung 2002 abwechselnd in Jerusalem und Italien, bis ihn seine Krankheit 2008 endgültig zur Rückkehr in seine Heimat zwang.

Mit 52 Jahren wurde Martini Ende 1979 Erzbischof von Mailand. Papst Johannes Paul II. persönlich weihte ihn am 6. Januar 1980 im Petersdom zum Bischof. Drei Jahre später erhielt er das Kardinalsbirett. In Mailand kümmerte er sich um die großen kirchenpolitischen Fragen ebenso wie um die Jugendarbeit oder die Ausländerpastoral. Große Beachtung fand seine Methode der „lectio divina", die jungen und älteren Menschen auf der Suche nach dem Sinn ihres Lebens im Mailänder Dom einen neuen Zugang zur Heiligen Schrift erschloss. Einer breiten Öffentlichkeit wurde Martini außerdem durch die Publikation eines Briefwechsels mit Umberto Eco bekannt. Ihre geistreiche Diskussion über die Frage „Woran glaubt, wer nicht glaubt?" erschien 1998 in Buchform. In Mailand richtete Martini einen so genannten Lehrstuhl für die Nichtglaubenden ein, eine Serie von Begegnungen und Gesprächen, in denen Glaubende und Nichtglaubende Fragen aneinander formulierten und sich um Antworten bemühten.

Martinis Stellungnahmen zu vielen aktuellen Fragen, zur Ökumene oder zur Säkularisierung, zu Korruptionsskandalen wie zur Bedeutung der Medien machten den Mailänder Kardinal in den 1980er und 1990er Jahren zu einem kirchlichen Vordenker in Italien, viele sahen in ihm einen Hoffnungsträger. Internationale Beachtung fanden seine Stellungnahmen zum Islam, in denen er als erster eine „gerechte Wechselseitigkeit" zwischen Christen und Muslimen einforderte: Was den Muslimen in christlich geprägten Staaten zustehe, müsse auch den Christen in muslimisch geprägten Staaten zugestanden werden.

(kap 31.08.2012 gs)

In unserem Audio-Angebot hören Sie Auszüge aus einer Predigt, die Kardinal Martini in den neunziger Jahren bei einem Besuch in St. Gallen auf deutsch gehalten hat.







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