Das Büro in der vatikanischen Glaubenskongregation, das für disziplinarische Maßnahmen
zuständig ist, hat im letzten Jahr in genau 599 Fällen Untersuchungen aufgenommen.
440 davon betrafen schwerwiegende Fälle (delita graviora); die meisten davon, nämlich
404, hatten den Verdacht auf Missbrauch von Minderjährigen durch Kirchenleute zum
Gegenstand. Diese Zahlen ergeben sich aus dem Bericht über die Aktivitäten des Heiligen
Stuhls 2011, den die Vatikanische Verlagsbuchhandlung am Montag veröffentlicht hat.
2011 hätten das Disziplinar-Büro unter Leitung von Monsignore Charles Scicluna weniger
Disziplinar-Anzeigen aus der Weltkirche erreicht als 2010. Dennoch sei die Zahl der
Fälle „deutlich gestiegen“, wenn man sie etwa mit den Jahren 2005-09 vergleiche.
Die
Missbrauchs-Richtlinien im Vatikan sehen vor, dass ein Kleriker, dem Missbrauch von
Kindern oder Jugendlichen nachgewiesen wird, aus dem Klerikerstand ausgeschlossen
wird. In 125 Fällen hat die Glaubenskongregation dem Papst letztes Jahr einen solchen
Antrag auf Laisierung eines Klerikers vorgelegt, in 135 anderen Fällen ging es um
eine Suspendierung vom Priester- bzw. Diakonenamt. Die vatikanische Kleruskongregation
hat derweil 2011 insgesamt 540 Männer vom Priester- bzw. Diakonenamt suspendiert –
aus Gründen, die nicht mit „schwerwiegenden Delikten“ zu tun haben. 280 dieser Suspendierungen
betrafen Diözesanpriester und 185 betrafen Ordenspriester.
2011 hat, wie sich
ebenfalls aus dem Jahresbericht des Heiligen Stuhls ergibt, die Ordenskongregation
fünf verheirateten Personen den Eintritt in den Ordensstand erlaubt, obwohl ihr jeweiliger
Ehepartner noch lebte. Die Römische Rota – das Ehegericht des Apostolischen Stuhls
– hat nach den neuen Zahlen 2011 insgesamt 179 Urteile in Eheannullierungsverfahren
erlassen; anders als 2010 wurde letztes Jahr in einer Mehrheit der Fälle (94) keine
Annullierung gewährt.