Ob Burmas Öffnung
auch eine bessere Zukunft für die ethnischen und religiösen Minderheiten bringen wird,
muss sich erst noch zeigen. Anfang 2011 wurde in dem südostasiatischen Land nach Jahrzehnten
der Militärherrschaft ein ziviler Präsident als Staatsoberhaupt eingesetzt. Seitdem
scheint sich Burma langsam zu demokratisieren: Die Wahlen und die Zulassung der demokratischen
Partei, die Freilassung politischer Gefangener und vor ein paar Tagen die Aufhebung
der Pressezensur – alles kleine Schritte, die viele nie für möglich gehalten hätten.
Der burmesische Pater Paul aus Rangun zeigt sich im Gespräch mit Radio Vatikan vorsichtig
optimistisch, was die zivilen und die Menschenrechte in Burma betrifft. Pater Paul
war in diesen Tagen auf dem Katholikentreffen im italienischen Rimini mit dabei.
„Nach
dem Regierungswechsel sehen wir einige Anzeichen der Verbesserung und Öffnung in unserem
Land, die sich viele von uns gewünscht haben. Wir hoffen nur, dass sie auch tatsächlich
zum Wohl der Bevölkerung beitragen. Wir haben 62 Jahre Isolation hinter uns. Burma
ist ein rückständiges Land, was die Situation der ethnischen Gruppen und Religionen
betrifft, deshalb braucht es Zeit, Geduld, guten Willen und auch Versöhnung.“
Willen
zur Versöhnung hat die neue Regierung gezeigt: Kurz nach Amtsantritt vereinbarte sie
einen Waffenstillstand mit den für Unabhängigkeit kämpfenden Karen-Rebellen, einer
ethnischen Minderheit. Die meisten Christen - sie machen in Burma nicht einmal fünf
Prozent des Gesamtbevölkerung aus - gehören solchen Volksgruppen an; immer wieder
waren sie im Kampf der Militärs gegen ethnische Gruppen zwischen die Fronten geraten.
Manchmal seien sie auch gezielt angegriffen worden, weil sie verdächtigt würden, „die
Einheit des Landes“ zu gefährden, berichtet das Hilfswerk für verfolgte Christen „Open
Doors“. Die Organisation will von Übergriffen auf Christen auch nach Antritt der neuen
Regierung wissen. Dabei spielen gerade die Christen nach Ansicht von Pater Paul eine
wichtige Rolle, was die zivile Verständigung in Burma betrifft:
„Wir haben
viel beizutragen, vor allem beim Aufbau des Friedens und des Vertrauens zwischen den
Ethnien.“
Für nationale Einheit und Demokratisierung setzt sich in Burma
bis heute die Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi ein. Die Friedensnobelpreisträgerin,
die jahrelang unter Hausarrest stand, konnte erst im Mai 2012 als Abgeordnete ins
Parlament einziehen. Dazu Pater Paul:
„Sie wird im ganzen Land geliebt.
Auch im Heer und in Regierungskreisen sehen viele in ihr eine echte Führerin, die
Veränderung bringen kann.“
Um Demokratisierung und Entwicklung in Burma
weiter zu stimulieren, hat die Europäische Union im April diesen Jahres die Sanktionen
gegen Burma gelockert, die seit Mitte der 1990er Jahre bestanden. Seitdem kann in
Burma wieder investiert werden und auch der Tourismus hat zugenommen. Menschenrechtler
erinnern derweil daran, dass sich damit die Lage der ethnischen und religiösen Minderheiten
freilich noch nicht durchschlagend verbessert habe. Die Grundlagen dafür sind mit
den politischen Reformen jedoch geschaffen, hofft Pater Paul :
„Wir wollen
nicht zurück in die Vergangenheit. Der Druck der internationalen Gemeinschaft hat
Wirkung gezeigt und zu einem Richtungswechsel geführt. Wenn wir in alte Zeiten zurückfielen,
wäre das sehr schwer für alle.“