Ungarn: Bibelwissenschaftler über Jesusdarstellungen
Vielleicht ist es
nicht jedem bekannt, aber im Neuen Testament gibt es verschiedene Jesusdarstellungen.
Darüber haben die Teilnehmer der „24. Internationale Bibelkonferenz“ in Ungarn gesprochen.
Die Konferenz in Szeged fand vom 21. bis zum 23. August statt und stand unter dem
Motto „Von Jesus zu Christus“. Hochrangige Bibelwissenschaftler aus aller Herren Länder
und Kirchen war dabei. Einer dieser illustren Gäste war der katholische Theologe Joachim
Gnilka aus München, der aufgrund seines wissenschaftlichen Verdienstes in der Bibellehre
international hohes Ansehen errungen hat. Im Gespräch mit Radio Vatikan geht Gnilka
auf die Bedeutung der Konferenz in Ungarn aus osteuropäischer Sicht ein:
„Es
kamen hier sehr viele wichtige Kollegen zusammen. Sie kamen aus vielen verschiedenen
Ländern, besonders aus den Ländern des Balkans, wie Serbien und Montenegro, aber auch
aus Griechenland oder aus der Ukraine. Einige waren auch aus Polen da. Es sind immer
sehr viele und sie kommen auch aus den verschiedensten Kirchen. In Ungarn ist neben
der katholischen Kirche die reformierte Kirche sehr verbreitet, daher sind auch regelmäßig
Kollegen von der reformierten Kirche da. Das ist ein wichtiger Aspekt. Wir können
sehr gut miteinander diskutieren und unsere Probleme, die wir haben, besprechen.“
Gnilka
war lange Jahre aktives Mitglied der „Internationalen Bibelkonferenz in Ungarn“ und
ist noch heute deren Ehrenpräsident. So folgte er auch dieses Jahr dem Ruf des Präsidenten
der Bibelkonferenz, György Benyik, um sich mit seinen internationalen Kollegen zu
versammeln. Zum diesjährigen Thema sagte Gnilka:
„Es sind bereits sehr viele
interessante Themen behandelt worden. In diesem Jahr ist „Jesus“ das Thema, beziehungsweise
die Rückfrage nach Jesus. Und das Thema „Jesus“ ist natürlich immer aktuell, es ist
immer wichtig und immer zentral. Es werden verschiedene Anläufe und verschiedene Perspektiven
gezeigt, wie man auf Jesus schaut. Ich habe vorhin ein sehr interessantes Referat
angehört von einem deutschen Kollegen, der über das Verhältnis von Jesus zum Römischen
Kaiser gesprochen hat. Weil über den Begriff „Evangelium“ ein Verbindungsglied zum
Kaiser hergestellt werden kann. Jesus ist dann der König, der im Kreuz inthronisiert
wird.“
Im kommenden Jahr wird die Konferenz ihr 25-jähriges Jubiläum feiern.
Bei dem diesjährigen Treffen in Ungarn wurden auch Bibelwissenschaftler besonders
geehrt. Zum ersten Mal erhielt u.a. ein Alttestamentler eine Auszeichnung. Gnilka:
„Es
sind insgesamt drei Preise verliehen worden. Der erste ging an den Erzbischof György
Jakubinyi von Alba Julia, also an einen katholischen Würdenträger. Der zweite ging
an Albrecht Lutz, ein bedeutender evangelischer Neutestamentler aus Bern in der Schweiz.
Und dann ging in diesem Jahr der dritte Preis zum ersten Mal an einen aus Ungarn stammenden
amerikanischen Zisterzienser-Abt, an den Abt von Dallas in Texas, der eben Alttestamentler
ist. Das Alte Testament gibt natürlich eine wichtige Perspektive auch für das Verständnis
des neuen Testaments. Das alte Testament und auch das Judentum immer mit einzubeziehen
um das Neue Testament und auch Jesus, der ja Jude gewesen ist, besser zu verstehen.“
Hintergrund Joachim
Gnilka lehrte 22 Jahre an der Universität in München. Von 1973 bis 1989 war er Mitglied
der päpstlichen Bibelkonferenz und 1994 ernannte ihn Papst Johannes Paul II zum päpstlichen
Ehrenprälaten. Seine früheren Publikationen betreffen vor allem Forschungen zum neuen
Testament, zu den Paulinischen Briefen und zur biblischen Hermeneutik. In neueren
Arbeiten diskutiert er unter anderem auch ökumenische Themen sowie die Beziehung zwischen
Islam und Christentum.