Der Missbrauchsbeauftragte
der deutschen Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, hat die Kirchen für ihr Engagement
zur Vermeidung von Kindesmissbrauch gelobt. Die Kirchen hatten im Juni in Berlin Vereinbarungen
zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt unterzeichnet. Das Ziel
ist, die Empfehlungen des von der Bundesregierung eingesetzten Runden Tisches gegen
Kindesmissbrauch umzusetzen. Den Maßnahmenkatalog haben auch der Deutschen Olympische
Sportbund, die Arbeiterwohlfahrt, der Paritätische Gesamtverband, die kommunalen Spitzenverbände
sowie der Deutsche Bundesjugendring unterschrieben. Im Interview mit dem Domradio
Köln sagte Rörig:
„Die katholische Kirche - die Deutsche Bischofskonferenz,
aber auch die Deutsche Ordensoberenkonferenz - hat sich mir gegenüber verpflichtet,
in ihren Strukturen die Einführung von Schutzkonzepten, also von Konzepten zur Prävention
vor sexueller Gewalt, zu vereinbaren und zu unterstützen. Das ist ein ganz wichtiger
Schritt, der aufbaut auf dem, was die Deutsche Bischofskonferenz schon mit der Rahmenordnung
zur Prävention von sexuellem Missbrauch an Minderjährigen im September 2010 beschlossen
hat. Das heißt, die Deutsche Bischofskonferenz und der Missbrauchsbeauftragte Bischof
Ackermann werden ihr Engagement noch weiter verstärken. Das ist positiv hervorzuheben.“
Es
komme jetzt darauf an, dass das Vereinbarte auch tatsächlich zur Anwendung komme,
und zwar in den kirchlichen Einrichtungen, in denen sich Kinder und Jugendliche tagtäglich
aufhielten. Rörig:
„Das ist ein sehr komplizierter und anstrengender Weg
für alle, die da Verantwortung tragen, aber der Weg muss gegangen werden. Es müssen
in Einrichtungen, also auch in kirchlichen Gemeinden, in Sportvereinen, in Schulen
und Kindertagesstätten zukünftig Schutz- und Handlungskonzepte zum Schutz der Kinder
vor sexueller Gewalt eingeführt werden.“
Rörig kündigte in dem Interview
weitere Befragungen zum Umgang mit sexualisierter Gewalt auch von Kirchengemeinden
an, deren Ergebnisse auf dem Bilanztreffen des Runden Tisches am Jahresende vorgestellt
werden sollen. Eine erste Befragung ist bereits im Juni angelaufen.
„Es
sind Befragungen in Einrichtungen vor Ort. Und zwar werden wir die Einrichtungsleitung
befragen, ob bereits Präventionskonzepte bei ihnen zur Anwendung kommen bzw. für wann
die Einführung oder Weiterentwicklung von derartigen Schutzkonzepten geplant ist.
Wir müssen einen Überblick gewinnen und den Handlungsbedarf konkret identifizieren.
So werden wir zum Beispiel im Bereich der katholischen Kirche, das ist unsere Absicht,
1.500 Kirchengemeinden zu diesem Themenkomplex befragen, ob sie bereits Schutzmaßnahmen
für Kinder und Jugendliche vor sexualisierter Gewalt ergriffen haben.“
Weiter
will Rörig im kommenden Jahr eine neue Kampagne zum Schutz vor Missbrauch lancieren,
mit der er für das Problem sensibilisieren und die Kommunikation darüber verbessern
will:
„Die Kampagne soll die jeweilige Einrichtungsleitung, aber auch die
Eltern und die Fachkräfte bei der Einführung von Schutzkonzepten unterstützen. Ich
möchte, dass die Kommunikation zwischen Eltern und Fachkräften, also Lehrern, Pfarrern
und Trainern und Verantwortlichen in den Kitas beispielsweise erleichtert wird, dass
über das Thema sexuelle Gewalt gesprochen wird - und ich möchte die Eltern aktivieren,
dass sie auch Schutzkonzepte vor Ort in den Einrichtungen nachfragen und einfordern.“
Besonders
will Rörig auch für Missbrauch in Familien sensibilisieren.
„Ich möchte,
dass die Fachkräfte, also die Lehrer, Erzieher, Trainer und Pfarrer, sensibilisiert
werden und dass sie als vertrauensvolle Ansprechpersonen für Kinder und Jugendliche
zu Verfügung stehen. Wir müssen uns immer vor Augen halten: Die meisten Fälle sexuellen
Missbrauchs finden in der Familie und im sozialen Umfeld statt, und auch zwischen
Kindern und Jugendlichen untereinander. Wichtig ist doch, dass die Vertrauenspersonen
in den Einrichtungen dann tatsächlich für die Kinder und Jugendliche vertrauensvolle
Ansprechpersonen sind und dass ihnen wirklich weitergeholfen wird.“