Missionar in Indonesien: „In Südostsumatra leben Christen und Muslime friedlich zusammen“
Gute Nachrichten aus
Indonesien: In der Diözese Palembang im Südosten Sumatras leben Christen und Muslime
seit Jahrzehnten friedlich zusammen. Das berichtet im Interview mit unseren französischen
Kollegen der Missionar Jean Moriceau, der seit über 35 Jahren in der Region wirkt.
Auf Sumatra machen Christen gerade einmal ein halbes Prozent der Gesamtbevölkerung
aus. Der 86-jährige Geistliche erzählt gegenüber Radio Vatikan:
„In unserem
Dorf gibt es heute 712 muslimische Familien, 49 buddhistische Familien und 132 christliche
Familien. Das ist ein Ort des Friedens und des Dialogs, denn alle familiären Angelegenheiten
– von Geburten über Hochzeiten bis hin zu Todesfällen – werden gemeinsam erlebt, man
macht da keine Unterschiede. Jetzt zu Ende des Ramadan besuchen alle buddhistischen
Familien die muslimischen Familien, für das buddhistische Vesakh-Fest gehen dann die
muslimischen Familien zu den buddhistischen, und Ostern besuchen die Buddhisten und
Muslime dann die christlichen Familien. Das dauert drei Tage und ist dann wirklich
ein Fest.“
Der Missionar erklärt den Zusammenhalt der Dorfbewohner mit
deren gemeinsamer ethnischen Herkunft: Im Zuge der Umsiedlungspolitik der früheren
Suharto-Regierung waren die heute im Dorf lebenden Familien ab Ende der 60er Jahre
in der Gegend angesiedelt worden. Die religiöse Vielfalt habe im Dorf bislang keine
Spannungen mit sich gebracht, so Moriceau, wenn auch 70 bis 80 Familien einer islamistischen
Gruppe angehörten.
„Der Dialog wird hier gelebt, in allen Bereichen des
Lebens. Für mich ist das eine sehr starke Erfahrung. Man könnte sagen, es gibt hier
so eine Art Ökumenismus des Lebens.“
Natürlich sind dem Geistlichen in
der Zeit seines langen Aufenthaltes in Indonesien nicht die Spannungen entgangen,
die es in anderen Teilen des Inselstaates zwischen religiösen Gruppen gibt. Die Umsiedlungspolitik
begünstigte Konflikte; Armut, Arbeitslosigkeit und eine Islamisierungswelle seit Ende
der 80er Jahre machen den religiösen Minderheiten zu schaffen; Probleme gibt es weiter
mit Proselytismus und auch beim Bau von Kirchen. Erst in der vergangenen Woche hatten
die Behörden in Bogor in Westjava eine katholische Zeltkirche geschlossen. Die dortige
Gemeinde wartet schon seit zwölf Jahren auf eine Baugenehmigung für eine richtige
Kirche. Nicht selten hapere es beim Kirchenbau wegen des Widerstands der örtlichen
Bevölkerung, erzählt Pater Moriceau:
„Es gibt ein Gesetz, das besagt, dass
man für den Bau einer Kultstätte die Genehmigung der gesamten Nachbarschaft benötigt,
und das bringt oft Probleme mit sich. Es gab Kirchen, die mit der Genehmigung der
Regierung gebaut wurden, die aber nicht mehr genutzt werden können, da es Widerstände
eines Teils der Bevölkerung gab. Das ist wirklich ein Problem für die religiöse Praxis,
es kommt manchmal auch zu Demonstrationen. Von einer ,brutalen Verfolgung‘ würde ich
aber nicht sprechen.“
Die Bedingungen der religiösen Minderheiten gestalten
sich auf dem verzweigten Inselstaat je nach Gegend unterschiedlich, da müsse man differenzieren,
fügt der Pater an. Neben dem Islam erkennt die indonesische Verfassung den Katholizismus,
den Protestantismus, den Buddhismus, den Hinduismus und den Konfuzianismus offiziell
als Religionen an. Die christliche Minderheit in Indonesien – sie macht weniger als
zehn Prozent der Gesamtbevölkerung aus – habe allerdings wenig Chancen, in Regierung
und Verwaltung Posten zu besetzen. Sehr aktiv und inzwischen auch angesehen sei sie
dagegen im Bereich Ausbildung und Gesundheitsdienst, erzählt der Pater:
„Es
gibt christliche Schulen, die von vielen Muslimen besucht werden, Krankenhäuser, die
allen offenstehen – da gibt es keine Probleme. Das sind Institutionen, die seit langem
von der Regierung anerkannt sind.“