Tschechien: Streit um Rückgabe von Kirchengütern wird härter
In der Debatte um die Rückgabe von im Kommunismus verstaatlichten Kirchengütern üben
Spitzenvertreter der christlichen Kirchen und der jüdischen Gemeinschaft in Tschechien
Kritik an einer Plakatkampagne der Sozialdemokratischen Partei. In einer am Donnerstag
veröffentlichten gemeinsamen Erklärung vergleichen der Prager Erzbischof Dominik Duka,
der Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen, Joel Ruml, und der Präsident der
Föderation Jüdischer Gemeinden, Jiri Danicek, die Kampagne, mit der die Sozialdemokraten
im aktuellen Regionalwahlkampf Stimmung gegen die Rückgabe machen, mit NS-Propaganda.
Auf dem kritisierten Plakat ist ein kirchlicher Würdenträger zu sehen, dem ein gefüllter
Geldsack überreicht wird. Dazu wird behauptet, die Regierung verschenke ohne Not Milliardenbeträge
an die Kirchen. „Zeitzeugen können bezeugen, dass dies den unseligen antisemitischen
und antiklerikalen Plakaten des Dritten Reichs in nichts nachsteht", heißt es in der
Erklärung der drei Religionsvertreter. Die „manipulativen Parolen" würden in der Gesellschaft
zum Entstehen einer „Atmosphäre aus unbegründetem Neid und Hass gegenüber Kirchen
und Religionsgemeinschaften" beitragen. Schon vor rund einem Monat hatten Duka, Ruml
und Danicek in einer gemeinsamen Stellungnahme beklagt, dass im „politischen Kampf"
um die Restitution der moralische Aspekt und das eigentliche Thema, die Wiedergutmachung
vom kommunistischen Regime begangenen Unrechts, völlig in den Hintergrund getreten
seien.
Hintergrund Die in jahrelangen Verhandlungen zwischen
Staat und Religionsgemeinschaften ausgearbeitete Übereinkunft sieht vor, dass die
Kirchen 56 Prozent des beschlagnahmten Eigentums direkt zurückerhalten. Der Rest -
59 Milliarden Kronen (rund 2,3 Milliarden Euro) - soll auf einen Zeitraum von 30 Jahren
inflationsbereinigt abgezahlt werden. Der Staat soll sich im Gegenzug binnen 17 Jahren
endgültig aus der Bezahlung der Priestergehälter zurückziehen, mit der die Kommunisten
die Kirchen zu kontrollieren versuchten. Mitte Juli stimmte das tschechische Abgeordnetenhaus
dem in der Bevölkerung unpopulären Restitutionsgesetz zu. Der Gesetzesentwurf wird
als nächstes im Senat des Parlaments behandelt, der voraussichtlich ein Veto dagegen
einlegen wird, weil Sozialdemokraten und Kommunisten, die die Restitution als im Ausmaß
überzogen betrachten, dort gemeinsam eine Mehrheit haben. Allerdings könnte das Abgeordnetenhaus
das Senats-Veto überstimmen.