2012-08-09 13:16:26

Aus Nummer 44074 wurde die Patronin Europas


RealAudioMP3 Im KZ Auschwitz war sie nur Häftling Nummer 44074; auf dem Petersplatz in Rom erklärte sie Papst Johannes Paul II. zur Patronin Europas. Edith Stein lebte mehrere Leben: zuerst das der strenggläubigen Jüdin in Breslau, dann die Karriere als Philosophin. 1922 ließ sie sich taufen, 1933 trat sie unter dem Ordensnamen Teresia Benedicta vom Kreuz in den Kölner Karmel ein, 1942 wurde sie im holländischen Karmel von Echt verhaftet und von den Nazis nach Auschwitz gebracht, wo sie vor genau siebzig Jahren ermordet wurde. Ein außergewöhnliches Leben. Johannes Paul II. sprach sie am 11. Oktober 1998 heilig und ernannte sie im Jahr 2000 zur Patronin Europas.

Mehrere Bischöfe haben am Donnerstag das Gelände des früheren KZ Auschwitz besucht, um der heiligen Edith Stein zu gedenken. Der Kölner Kardinal Joachim Meisner und der Krakauer Kardinal Stanislaw Dziwisz schritten Seite an Seite über die Gedenkstätte.

Die Vatikanzeitung „Osservatore Romano“ erinnert an diesem Donnerstag in einem Leitartikel an Edith Stein: Sie sei am Tag von Yom Kippur geboren worden und beinahe am 9. Av gestorben, „also in der Zeit, in der an die Zerstörung des Tempels von Jerusalem erinnert wird“. „Das ganze christliche Leben von Edith Stein“, so die Vatikanzeitung, „hat tiefe jüdische Wurzeln, es erhielt durch die jüdische Liturgie nahezu seinen Rythmus.“ Juden wie Christen hätten „in diesen furchtbaren Tagen vor siebzig Jahren gemeinsam den Schrecken des scheinbaren Schweigens Gottes erlebt“. In ihrem Innern widmet der „Osservatore“ der heiligen Edith Stein eine ganze Seite. Sie sei „die größte Frau im Olymp deutscher Philosophen“, so ein Artikel; „in der tiefen Dunkelheit der Shoah“ habe sie „ein Licht der Heiligkeit“ dargestellt.

(or 09.08.2012 sk)

Wenn Sie oben links auf eines der beiden Audio-Symbole klicken, dann hören Sie einen Auszug aus der Predigt von Papst Johannes Paul II. bei der Heiligsprechung von Edith Stein am 11.10.1998, in deutscher Sprache.
„Weil Edith Stein Jüdin war, wurde sie zusammen mit ihrer Schwester Rosa und vielen anderen katholischen Juden aus den Niederlanden in das Konzentrationslager nach Auschwitz gebracht, wo sie mit ihnen in den Gaskammern starb. Heute gedenken wir ihrer aller in großer Ehrfurcht. Noch wenige Tage vor ihrem Abtransport hatte die Ordensfrau die Frage nach einer möglichen Rettung mit den Worten abgewehrt: “Tun sie das nicht, warum soll ich eine Ausnahme erfahren? Ist dies nicht gerade Gerechtigkeit, daß ich keinen Vorteil aus meiner Taufe ziehen kann? Wenn ich nicht das Los meiner Schwestern und Brüder teilen darf, ist mein Leben wie zerstört”.
Wenn wir fortan Jahr für Jahr das Gedächtnis der neuen Heiligen feiern, müssen wir uns auch an die Shoah erinnern, an den grausamen Plan, ein Volk zu vernichten - einen Plan, dem Millionen jüdischer Schwestern und Brüder zum Opfer fielen. Der Herr lasse über sie sein Angesicht leuchten und schenke ihnen seinen Frieden (vgl. Num 6, 25f). Um Gottes und der Menschen willen erhebe ich noch einmal tief betrübt meine Stimme und rufe: Ein solches verbrecherisches Tun darf sich nie mehr wiederholen, an keiner ethnischen Gruppe, an keinem Volk, an keiner Rasse, nirgendwo auf dieser Welt! Es ist ein Schrei, der allen gilt: allen Menschen guten Willens; allen, die an den Ewigen und Gerechten glauben...
Die Liebe Christi war das Feuer, das das Leben von Schwester Teresia Benedicta vom Kreuz entflammt hat. Längst bevor es ihr bewußt wurde, war sie von diesem Feuer ergriffen. Zunächst hatte sich Edith Stein der Freiheit verschrieben. Lange war sie eine Suchende. Ihr Geist wurde nicht müde, sich der Forschung zu widmen, und ihr Herz streckte sich nach Hoffnung aus. Voller Begeisterung legte sie den mühseligen Weg der Philosophie zurück. Dafür wurde sie schließlich belohnt: Sie eroberte die Wahrheit. Oder besser gesagt: Sie wurde von der Wahrheit erobert.“








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