2012-08-07 13:54:03

Dutroux-Affäre: Ein Bischofssprecher nimmt Stellung


RealAudioMP3 Für Belgien will das Trauma Dutroux nicht enden: Die frühere Frau des Kinderschänders Marc Dutroux kommt vorzeitig auf freien Fuß. Ein Gericht im wallonischen Mons stimmte vor etwa einer Woche ihrer Freilassung auf Bewährung und unter Auflagen zu – und ausgerechnet ein Kloster soll Michelle Martin aufnehmen, das Klarissenkloster Malonne bei Namur. Angehörige von Dutroux-Opfern reagieren empört auf diese Nachricht. Aber Tommy Scholtès, der Sprecher der Belgischen Bischofskonferenz, gibt zu bedenken:

„Ich verstehe sehr gut die Haltung der Eltern der Opfer: Sie können nur schwer mit der Vorstellung leben, dass Frau Martin unter Bedingungen wieder auf freien Fuss kommen darf. Ich verstehe die Emotion und Angst, aber ich sage mir auch: Man muss jetzt vielleicht auch mal wagen, das zu sagen, was viele Christen antreibt. Man muss wagen zu hoffen, dass jemand sein Leben ändern kann. Aber verstehen wir uns richtig: Am Anfang steht nicht eine religiöse Entscheidung, sondern ein Richterspruch. Er ist es, der Frau Martin eine Freilassung unter Bedingungen möglich macht.“

Martin war die Frau von Marc Dutroux, der in den neunziger Jahren in Charleroi mehrere junge Mädchen gefangen hielt, missbrauchte und schließlich sterben ließ. Als seine Komplizin war die heute 52-Jährige im Jahr 2004 zu dreißig Jahren Haft verurteilt worden. Die Ordensfrauen aus Malonne erklären, sie hätten sich die Entscheidung, Michelle Martin bei sich aufzunehmen, nicht leicht gemacht. Doch seien sie davon überzeugt, dass „niemand in unserer Gesellschaft etwas davon hat, wenn Gewalt mit Gewalt beantwortet wird“. Frau Martin sei ein Mensch, der wie alle Menschen zum Besten wie zum Schlechtesten fähig sei.

„Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig; sollte sie aber tatsächlich bei den Klarissen unterkommen, dann muss man wissen, dass die Bischofskonferenz in dieser Angelegenheit nicht konsultiert worden ist. Das ist auch nicht nötig, weil die Klarissen als Gemeinschaft auf eigene Verantwortung handeln können. Sie wird ja kein Mitglied der Gemeinschaft, sondern ist lediglich ihr Gast – ein sehr spezieller Gast, das stimmt schon.“

Den Angaben zufolge wird Martin eigene Zimmer in dem Kloster beziehen. Zudem werde es regelmäßige Kontrollen durch Verantwortliche der Justiz geben. Pater Scholtès:

„Die Gemeinschaft der Klarissen war sehr präzise: Sie erwartet sich von Frau Martin eine tägliche Mitarbeit. Zwei Schwestern sollen den Kontakt zu ihr halten; sie wird zumindest anfangs ein abgeschottetes Leben im Innern des Klosters führen und darf nicht ins Dorf gehen oder sowas. Sollte sie einmal an Messfeiern oder Gebeten im Kloster teilnehmen wollen – wozu sie keineswegs verpflichtet ist –, dann muss für ihre Sicherheit gesorgt werden, denn es gibt im Moment viel Ärger und Demonstrationen rund ums Klarissenkloster.“

Der Generalstaatsanwalt hat Berufung gegen die Entscheidung des Gerichts eingelegt. Bis der Oberste Gerichtshof sich dazu geäußert hat, bleibt Martin in Haft. Und die Schwestern in Malonne bleiben unter argwöhnischer Beobachtung.

„Man hat für Frau Martin keinen anderen Ort gefunden, wo man bereit gewesen wäre, sie aufzunehmen. Die Klarissen haben das Thema intensiv besprochen und schließlich entschieden, ihr Angebot in einem Geist des Evangeliums zu machen. Auch wenn das ein sehr schwieriges Terrain ist, aber das Evangelium geht manchmal sehr weit, und die Schwestern hoffen auf Unterstützung durch eine Justizhelferin, die das Gericht bestimmen wird und die ihnen bei der Aufnahme von Frau Martin – wenn es denn Ende August dazu kommt – helfen wird.“

(afp/apic/rv 01.08.2012 sk)








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