Nach acht Monaten
Flug ist die US-Sonde „Curiosity“ auf dem Mars gelandet. An diesem Montag setzte sie
auf dem Roten Planeten auf. Hier soll sie die nächsten zwei Jahre verbringen und Fotos
hinunter ins Nasa-Hauptquartier schicken. Hauptgegenstand ihrer Neugier: Gibt oder
gab es Leben auf dem Mars? Sollte die Antwort mit Ja ausfallen, dann hätte das (auch)
theologische Implikationen. Keiner weiß das besser als Jacques Arnould: Der Dominikanerpater
arbeitet als Beauftragter für ethische Fragen beim CNES, dem französischen Zentrum
für Raumfahrt-Forschung.
„Die Sonde wird auf dem Mars Spuren von vergangenem
Leben suchen und vielleicht finden, soviel steht fest. Denn es ist schon Millionen
von Jahren her, dass auf dem Mars – einem Schwesterplaneten unserer Erde, wenn man
so will – die Bedingungen für das Entstehen von Leben ähnlich günstig waren wie auf
der Erde. Mit einer Entdeckung solchen nicht-terrestrischen Lebens können wir, auch
das muss mal gesagt werden, nicht auf einmal nächste Woche rechnen, weil man dazu
erst eine Menge Analysen mit Spezialgeräten braucht. Findet man nun Lebensspuren,
dann hat das viele Folgen – zunächst auf wissenschaftlichem Gebiet. Man könnte unter
anderem die Gültigkeit wichtiger Hypothesen wie etwa der Evolutionstheorie überprüfen.
Aber natürlich wäre das auch eine wichtige Neuigkeit über den Kreis astrobiologischer
Forschung hinaus. Man würde sich von neuem Fragen stellen, die die Menschheit schon
seit der Antike umtreiben: Was ist entwickeltes, was ist primitives Leben? Was ist
Intelligenz, was ist intelligentes Leben?“
Auch die Theologie, so formuliert
der französische Dominikaner, würde durch einen Lebens-Fund auf dem Mars „in Alarmbereitschaft
versetzt“. Schon im 13. und 14. Jahrhundert hätten Philosophen und Theologen u.a.
in der damals führenden Universitätsstadt Paris erbittert darüber gestritten, ob es
mehrere Welten gebe. Arnould sieht vor allem für die Schöpfungstheologie eine Frage
auftauchen:
„Kann Gott, der Schöpfer, noch andere Menschheiten erschaffen
außer der unseren? Und davon ausgehend stellt sich dann dogmatisch die Frage: Brauchen
auch andere Kreaturen, wenn sie intelligenzbegabt sind und ein Gewissen haben, Erlösung?
Und Erlösung durch wen? „Curiosity“ hat also eine ganze Menge Fragen im Gepäck. Gleichzeitig
weiss man aber überhaupt noch nicht, ob die Sonde wirklich Elemente für eine Antwort
auf all diese Fragen aufspüren wird. “
Und wenn ihr doch auf einmal ein
Marsmensch entgegenläuft – können wir dann einpacken mit unserer Vorstellung von dem,
was Leben ist? Der Dominikaner weist darauf hin, dass – anders als viele glauben –
die christliche Theologie schon lange auf die Möglichkeit von extra-terrestrischem
Leben vorbereitet ist. Jedenfalls theoretisch: Debatten nämlich, was solches Leben
für die Theologie bedeuten würde, gibt es schon seit vielen Jahrhunderten.
„Das
Erstaunliche ist doch: Der Mensch der Moderne ist im Moment nicht wirklich darauf
gefasst, mit anderen Wesen Bekanntschaft zu machen, die außerhalb der Erde Intelligenz
und Bewusstsein entwickelt hätten. Schließlich haben ja die Wissenschaftler bislang
keine solchen Lebewesen gefunden. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts hingegen galt
es für die meisten Menschen als ausgemacht, dass es auch außerhalb der Erde Lebewesen
geben müsse – auf dem Mond, auf dem Mars… Die Theologen waren also schon immer darauf
gefasst, die Möglichkeit von solch anderem Leben einzuräumen – gottgeschaffen, gottgewollt.
Heute hingegen stellt sich die Frage viel dramatischer, weil man nicht mehr diese
Vermutung hat, dass es auch anderswo Leben gibt.“
Eines macht Arnould ganz
klar: Es wäre aus seiner Sicht „egoistisch“, zu denken „Hoffentlich sind wir alleine,
dann sind wir nämlich mit Sicherheit Gottes einzige geliebte Kinder.“ Aber von der
Nachricht „Leben auf dem Mars gefunden“ könne auch ein neues Nachdenken ausgehen darüber,
was es bedeutet, dass Gott sich ein Volk bzw. einen Menschen erwählt. Vielleicht wird
man ja künftig immer sagen müssen, wenn es um das Gottesvolk des Alten Bundes geht:
Gottes auserwähltes Volk auf dem Planeten Erde.