Österreich: Fragen der Priesterinitiative weiterhin ernst zu nehmen
Es ist ruhiger geworden
in der sogenannten Ungehorsamsdebatte um die österreichische „Pfarrerinitiative“.
Der aus Deutschland stammende und in Wien lehrende Dogmatiker Jan-Heiner Tück hat
sich in einem Interview mit Radio Stephansdom dafür ausgesprochen, sich weiterhin
um eine Klärung der von der Pfarrerinitiative angemahnten Punkte zu bemühen.
„Das
eine spricht die Pfarrerinitiative zu Recht an: Wie soll die Umgestaltung der Pfarrgemeinen
in Zukunft ablaufen? Das darf nicht über die Köpfe der Beteiligten hinweg geschehen.
Das darf auch nicht so geschehen, dass die Pfarrer strukturell überfordert werden,
indem ihnen jetzt drei bis vier oder sogar fünf Gemeinden zugeschanzt werden, sondern
das sind sensible Vorgänge, die unter Einbeziehung aller Betroffenen gestaltet werden
müssen.“
Tück warnt aber auch davor, dass die Kirche sich zu sehr mit sich
selbst und ihren strukturellen Problemen beschäftigt. Er spricht von der Gefahr einer
narzisstischen Binnenschau.
„Dies ist weder für die Kirche langfristig fruchtbar,
noch fördert sie das, was Kirche eigentlich ausmachen sollte, nämlich die Botschaft
Jesu Christus ins Zentrum zu rücken und diese Botschaft auch in die säkulare Gesellschaft
hinein zu tragen. Deswegen scheint mir die Orientierung an dem, was das Christentum
immer ausgemacht hat, was es voran treibt, nämlich am Evangelium, sinnvoll zu sein.
Nur dann, wenn das Evangelium quasi neu zur Sprache gebracht wird, neu übersetzt wird,
nicht nur verbal, sondern auch in die Praxis von Christinnen und Christen heute, hat
es eine Chance, auch bei den heutigen Zeitgenossen anzukommen.“
Als ein
zweites zentrales Thema nannte Tück den Umgang der Kirche mit wiederverheirateten
Geschiedenen. Er bedauerte, dass die Klärung derart wichtiger Fragen aufgrund des
Vorwurfs des Ungehorsams behindert würde.
„Das provokante Wort des Ungehorsams
ist Vorzug und Nachteil zugleich, jetzt aus Sicht der Pfarrerinitiative gesprochen.
Vorzug weil überhaupt durch dieses Schlagwort die Themen erst in die Medien hineingeraten
sind. Nachteil weil die Inhalte durch die Ungehorsamsdebatte verdeckt wurden.“
Tück
zeigt viel Verständnis für die von der Pfarrerinitiative angesprochenen Thematiken.
Er kritisierte aber auch die Geistlichen, die sich in der Initiative engagieren:
„Auf
die Dauer kann es so mit der Praxis des Ungehorsams nicht weitergehen. Hier ist schon
Klärungsbedarf angezeigt.“
Tück äußerte sein Bedauern, dass der Diskurs
um wichtige Fragen, die von der Pfarrerinitiative vertretenen werden, nicht entsprechend
von den Medien aufgegriffen würden:
„Die Medien sind immer darauf aus, Dissens
zuzuspitzen. Hier müssen wir als Kirche auch aufpassen, dass wir uns von dieser medialen
Zuspitzungslogik nicht auch intern leiten lassen.“