Tausende von Menschen
haben am Mittwoch im Kongo für ein Ende der Gewalt im Ostteil des Landes demonstriert.
In der Provinz Nord-Kivu an der Grenze zu Uganda und Ruanda sind seit vier Monaten
über 400.000 Menschen auf der Flucht vor einer Tutsi-Rebellengruppe. Am Mittwoch früh,
so berichtet die Nachrichtenagentur Reuters, „strömten Kirchgänger landesweit aus
den Kirchen auf die Straßen und schwenkten Transparente, in denen sie zu Frieden und
Einheit im Kongo aufriefen“. Pater Léonard Santedi ist Sekretär der kongolesischen
Bischofskonferenz, die zu den Protesten aufgerufen hatte.
„Wir haben dieses
Land nur als Erbe übernommen, und das Territorium der Demokratischen Republik Kongo
ist völkerrechtlich von Anfang an klar festgelegt. Wir sind ein einziges Volk, und
wenn es also in einem Landesteil Krieg gibt, dann hat sich die ganze Bevölkerung dafür
zu interessieren! Es geht hier um die Einheit des Landes und um den Respekt vor den
völkerrechtlich anerkannten Grenzen der Demokratischen Republik Kongo.“
Ein
Land ist der Kongo durchaus – aber ein Land mit siebzig Millionen Menschen, die zu
ungefähr vierhundert verschiedenen ethnischen Gruppen gehören. Und ein Land mit schwierigen
Nachbarn: Vor allem Ruanda wird (unlängst sogar in einem UNO-Bericht) verdächtigt,
die Rebellen in Nord-Kivu zu unterstützen. Das sei doch, so ließ sich vor ein paar
Tagen Kongos Präsident Joseph Kabila vernehmen, „ein offenes Geheimnis“. Nord-Kivu
ist reich an Bodenschätzen, so etwas weckt Begehrlichkeiten.
„Wir sagen Nein
zur Gewalt, zur Balkanisierung des Kongo und zur Ausplünderung unserer Bodenschätze“,
sagte ein Teilnehmer des größten Protestmarsches in Kongos Hauptstadt Kinshasa. Drei
Tage lang hatten Kongos Katholiken, von Sonntag an, um Frieden im Land gebetet. Ihre
Demonstration vom Mittwoch glich in vielen Punkten einer liturgischen Prozession:
„Die
Gläubigen haben sich zunächst an vereinbarten Stellen getroffen, das waren vor allem
Kirchen. Dann setzten sie sich singend und Gebete rezitierend in Bewegung. Am Ziel
gab es dann ein Gebet, eine Minute des Schweigens, dann den Friedensgruß und schließlich
für alle einen Schlußsegen. Es wurde auch eine Kollekte gehalten, deren Erlös für
Opfer dieses Krieges bestimmt ist.“
Protestmärsche gab es auch in der im
Süden gelegenen Stadt Lubumbashi sowie in Bukavu: Diese Stadt liegt in Süd-Kivu und
hat ebenfalls ein Problem mit bewaffneten Milizen. In Goma hingegen, der Hauptstadt
des Nord-Kivu, wurde die Demonstration aus Sicherheitsgründen abgesagt; die Rebellen
stehen nach Berichten von Nachrichtenagenturen vor den Toren der Stadt. „Unser Land
wird von Ruanda bedroht, und zum ersten Mal hat auch unsere Regierung das verstanden
– darum haben sie uns unsere Demonstrationen erlaubt“, sagte ein Teilnehmer des Marsches
von Kinshasa zur Nachrichtenagentur Reuter. Tatsächlich ist Kongos Regierung dafür
bekannt, nicht viel von Demonstrationen zu halten; nach Kabilas Wiederwahl ins Präsidentenamt
letzten November verbot sie Demonstrationen, bei denen die Kirche gegen Pfusch und
Manipulationen bei der Wahl protestieren wollte. Aber die Kirche wird sich nicht mundtot
machen lassen, so Pater Santedi, der auf das beeindruckende Netzwerk von Kongos Bischöfen
verweist: „Wir haben als Präsidium der Bischofskonferenz Kontakte zur Europäischen
Union und zu den Vertretern verschiedener Länder. Diese Kontakte werden wir noch weiter
ausbauen, um die internationalen Einrichtungen für die heikle Lage im Kongo zu sensibilisieren.
Wir werden uns auch an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wenden und an den
UNO-Generalsekretär sowie an die Regierungen einiger befreundeter Länder!“ (rv
02.08.2012 sk)