Tausende von Menschen
von der ganzen Grünen Insel haben am Wochenende den Gipfel des „Croagh Patrick“ erklettert.
Diese jährliche Wallfahrt am „Reek Sunday“ gibt es schon seit 1.500 Jahren, ohne Unterbrechung.
Anführer der 20.000 Pilger, die es diesmal auf Irlands Heiligen Berg schafften, war
Erzbischof Michael Neary Michael Nery von Tuam; er feierte eine der Messen, die es
von 8 Uhr früh bis 2 Uhr nachmittags im Halbstundenrhythmus auf dem Gipfel gab. Zur
Busse legten viele der Pilger übrigens den Weg barfuss oder teilweise auf Knien zurück.
„Im
heidnischen Irland der Antike trafen sich die Menschen, um für eine gute Ernte zu
beten. Und in den letzten Tagen des Juli feierten sie jedes Mal ein Erntefest namens
Lughnasa. Vermutlich wurde dabei zum Sonnengott und zum Gott Lugh gebetet, der für
die Fruchtbarkeit der Erde zuständig war. Als der heilige Patrick im Jahr 432 nach
Irland kam, fand er viele solcher heidnischer Pilgerfeste vor und beschloss, diese
Form für die Einführung der christlichen Botschaft zu nutzen. Er wählte dafür einen
Berg an der Westküste, der über den Atlantik schaut. Das ist ein sehr spezieller Ort,
von großer Schönheit…“
Auf diesem 760 Meter hohen Gipfel führte Saint Patrick
im Jahr 441 das Wallfahren ein. Sein Vorbild dabei: Moses auf dem Sinai, Jesus am
Ölberg. Wie Jesus in der Wüste fastete Patrick zunächst vierzig Tage – damals in völliger
Einsamkeit. Heute wäre das nicht mehr möglich, schließlich wird der „Croagh Patrick“
mittlerweile von Zehntausenden besucht, jedes Jahr. Und dennoch:
„Die Wallfahrt
ist auch eine Bußübung. Schließlich verlangt es den Menschen sehr viel ab, bis zum
Gipfel aufzusteigen. Außerdem wurde an diesem Wochenende oben auch die Beichte gehört.
Man erlebt bei dieser Wallfahrt übrigens wie sonst nirgends einen Querschnitt durch
die irische Gesellschaft: Da machen Junge wie Alte mit, die Fußfaulen wie die Abenteurer
oder Athleten, lauter verschiedene Typen. Manche kommen in Gruppen, manche sind Einzelgänger,
und auch Ehepaare sieht man klettern. Der Akzent liegt natürlich auf der Buße – aber
er ist auf eine eigenartige Weise verquickt mit Freude und Freiheit. Hinzu kommt,
wenn die Sonne herauskommt, die unglaubliche Schönheit des Panoramas, der Hügel rundum
und des Meeres.“
Allerdings: Wohl die meiste Zeit ist die Spitze des Heiligen
Bergs hinter Nebel versteckt. Vielleicht war es hier oben, dass der heilige Patrick
vor anderthalb Jahrtausenden sozusagen das berühmte keltische Kreuz erfand. Er hielt
ein Kruzifix vor die Sonnenscheibe und sagte: Von hier kommt die Erlösung – nicht
vom Sonnengott, sondern vom Gottessohn. Patrick baute auf dem Berg auch eine Kapelle,
deren Mauern heute noch zu sehen sind, unweit einer moderneren Kapelle vom Beginn
des 20. Jahrhunderts.
„Es ist auch eine Gelegenheit, in die Fußstapfen unserer
Vorfahren zu treten und die Welt einmal mit ihren Augen zu betrachten. Wir sind da
nicht nur auf einer spirituellen Pilgerfahrt, sondern machen auch eine kulturelle
und historische Reise durch die Zeiten, zusammen mit denen, die vor uns gegangen sind
und dazu beigetragen haben, dass wir wurden, was wir heute sind. Wenn wir mit Respekt
und Demut in die Fußstapfen der Vergangenheit treten, dann bekommen wir vielleicht
auch etwas Weisheit ab, um auf den Wegen der Zukunft zu laufen.“
Einer
wollte das an diesem Wochenende schon einmal ausprobieren: der neue päpstliche Nuntius
Charles Brown. Auch er schaffte es am Reek Sunday hoch auf den Gipfel.