2012-07-22 07:40:32

USA: „Religionsgemeinschaften sollen sich für Würde der Aids-Kranke einsetzen“



RealAudioMP3 In Washington beginnt an diesem Sonntagabend die 19. Weltaidskonferenz. Bereits am Freitag wurden verschiede Vorkonferenzen in der US-Hauptstadt organisiert. Eine davon vereinigte Vertreter verschiedener Religionsgemeinschaften. Astrid Berner-Rodoreda vom evangelischen Hilfswerk „Brot für die Welt“ war dabei; sie wird auch bei der Internationalen Aidskonferenz vor Ort sein. Mario Galgano hat sie gefragt, welchen Beitrag Religionsgemeinschaften beim Kampf gegen AIDS leisten.

„Es geht darum, dass religiöse Organisationen sehr viele Freiwillige mobilisieren können und eben in der lokalen Gemeinschaft etabliert sind. Der neue UN-AIDS-Bericht zeigt, dass 98 Prozent der Menschen in Behandlungsprogrammen, die von religiösen Gemeinschaften oder von der Gemeinde durchgeführt werden, nach zwei Jahren immer noch in Behandlung sind, während es bei Programmen, die lediglich in Kliniken stattfinden, gerade einmal 70 Prozent sind. Also wurde einfach noch einmal aufgezeigt, dass die religiösen Organisationen hier eine wichtige Rolle einnehmen: 40 Prozent der Behandlungen finden in Afrika über religiöse Organisationen statt. Aber es wurde auch auf die Herausforderungen eingegangen. Schon in seiner Eröffnungsansprache hat ein Rabbi gesagt: ,Wir haben weiterhin Schwierigkeiten mit der Stigmatisierung. Nach wie vor erhalten wir stigmatisierende Botschaften aus religiösen Gemeinschaften, vor allem, was die LGBT (Lesbian, Gay, Bisexual and Trans, Anm.) Gemeinschaft betrifft‘, also die Gemeinschaft der Homosexuellen, Bisexuellen und Transgendermenschen.“

Inwiefern ist das ein Problem für die Religionsgemeinschaften?

„Das ist eine Herausforderung, aber der müssen sich auch die Kirche und die religiösen Organisationen stellen. Wir fordern hier Inklusion. Das ist von einer der Bischöfinnen noch einmal sehr prägnant gesagt worden: ‚Im Christentum geht es nicht darum, Laute auszuschließen, und die eigenen Vorteile auf Gott zu übertragen, sondern wir sollten alle an den Tisch holen, jede und jeden, ungeachtet dessen welche sexuelle Orientierung die Leute haben’. Das fand ich eine sehr schöne Aussage. Man ist auch sehr viel auf die Würde eingegangen. Wir hatten einen Hindu und eine Muslimin auf dem Podium, wie auch andere Menschen aus verschiedenen christlichen Traditionen. Und jeder hat noch einmal gesagt, dass diese Gottähnlichkeit eigentlich in allen Religionen vorhanden ist. Im Hinduismus durchdringt Gott alles und ist gegenwärtig in Allem und Jedem, auch der Islam hat die Vorstellung, dass alle rein sind und dass Gott diese Reinheit wieder herstellt. Diese Gottähnlichkeit ist natürlich auch im Christentum sehr stark präsent. Und diese Würde darf keinem Menschen genommen werden. Sie darf nicht genommen werden, wenn jemand HIV-positiv ist.“

Welchen Beitrag leisten denn Religionsgemeinschaften beim Kampf gegen AIDS?

„Einer unserer Partner ist selbst anglikanischer Priester. Er hat den Satz geprägt ’HIV ist größer als die Kirche, aber nicht größer als Gott’. Ich denke, das schließt einfach noch einmal ein, dass wir voneinander und von den verschiedenen Religionen lernen, wie wir noch besser mit HIV umgehen können. Sodass wir die Menschen nicht ausschließen, nicht stigmatisieren, sondern dass wir Menschen willkommen heißen und wirklich die besten Dienste anbieten; von der Prävention bis zur Behandlung.“

Über die Religionen hinaus, was sind denn die Erwartungen, auch von den anderen Teilnehmern, an die Welt-AIDS-Konferenz?

„Wir erwarten natürlich alle, dass durch die hohe Medienaufmerksamkeit HIV wieder höher auf die politische Tagesordnung kommt. Vor ein paar Tagen kam der neue Bericht von UN-AIDS heraus, und demnach haben wir einige wichtige Erfolge erzielt. Es haben heute 58 Millionen Menschen Zugang zur Behandlung, und das ist wunderbar. Aber, sieben Millionen Menschen brauchen eben noch die Behandlung. Da braucht man natürlich eine internationale Finanzierung, die ermöglicht, dass wir hier wirklich eine Wende herbei führen können, dass wir wirklich weiter Fortschritte erzielen.“

Am Dienstag lädt das Weiße Haus Vertreter und Vertreterinnen verschiedener Glaubensrichtungen und der Hilfsorganisationen zu einem Gespräch über das Engagement der Kirchen im Kampf gegen AIDS ein. Sie werden auch dabei sein. Was sind da ihre Erwartungen? Was werden sie dort mitteilen?

„Wir sind sehr froh über diese Einladung. Sie wurde vom Büro des Weißen Hauses ausgesprochen, das für Partnerschaften mit „Faith-Based Organisations“ (Religiösen Organisationen, Anm.) zuständig ist. Wir werden sicherlich über viele „lessons learned“ sprechen, also über das, was diese religiösen Organisationen bisher erreicht haben. So ähnlich, wie wir das auch hier auf der Vorkonferenz machen. Wir werden einfach ein bisschen schauen. Was haben wir erreicht im Kampf gegen HIV, als religiöse Organisation? Und wo sind noch die Herausforderungen? Das wird auch Thema sein. Das genaue Programm wird heute noch erstellt werden, aber ich hoffe, dass wir auch noch einmal ausführlich über den Zugang zu Behandlung sprechen können und über die Hürden, die dort noch genommen werden müssen.“

Herzlichen Dank für das Gespräch.

(rv 22.07.2012 mg)









All the contents on this site are copyrighted ©.