Katholische Kirche im indischen Patna hat „Bärenkräfte"
Auch unter schwierigen
Bedingungen kann eine christliche Minderheit eine Gesellschaft verbessern. Das hat
jetzt der Erzbischof der nordindischen Erzdiözese Patna, William D'Souza, in einem
Interview mit kathpress verdeutlicht. Der Geistliche war aus Anlass der „Fachtagung
Weltkirche“ im oberösterreichischen Stift Lambach zu Gast und hatte Erstaunliches
zu berichten: In einer der ärmsten Regionen des indischen Bundesstaates Bihar, in
der fast die Hälfte aller Menschen unter der Armutsgrenze lebt und nur rund ein Drittel
von ihnen lesen und schreiben kann, ist es der katholischen Kirche gelungen, in der
Gesellschaft die Weichen für eine bessere Zukunft zu stellen. Dabei leben in Patna
unter 25 Millionen Einwohnern insgesamt nur 60.000 Katholiken:
„Der Einfluss
dieser kleinen Kirche auf Ebene des Bundesstaates ist enorm, was Ausbildung, Gesundheitsvorsorge,
soziale Transformation, soziale Gerechtigkeit und die Menschenrechte betrifft – das
ist wirklich ein enormer Beitrag!“
Der katholischen Kirche liege es am
Herzen, benachteiligten Menschen aus allen Religionen Chancen für einen sozialen Aufstieg
zu ermöglichen. Die vom Wirken von Jesuitenmissionaren geprägte katholische Kirche
in Bihar hat in den vergangenen Jahrzehnten alleine im Bildungsbereich vier Colleges,
mehr als 200 Schulen und zahlreiche Ausbildungszentren für Jugendliche errichtet.
Dazu Erzbischof D’Souza:
„Wir bringen die jungen Menschen in die Schulen.
Das Resultat ist, dass sie später Jobs als Bankangestellte, Lehrer oder Eisenbahner
bekommen, es gibt eine soziale Transformation von untern, die unsere Kirche ankurbelt.“
Vor
allem die Lage der so genannten „Dalit“, der „Unberührbaren“ im indischen Kastendenken,
habe sich dadurch sehr verbessert, so Erzbischof D'Souza. Offiziell gebe es zwar keine
Kaste der Unberührbaren mehr, in der Realität lebten diese Menschen aber „am Rande
der Gesellschaft, weil sie keinen Zugang zu Bildung oder staatlichen Wohlfahrtsprogrammen
haben“.
Unerlässlich auch im interreligiösen Dialog
Eine führende
Rolle nimmt die katholische Kirche laut Erzbischof D'Souza auch bei der Wahrung des
interreligiösen Friedens in Patna ein. In Bihar herrsche - auch dank der Regionalregierung,
wie D'Souza betonte - derzeit Frieden. Religionsvertreter besuchten einander immer
wieder gegenseitig bei religiösen Festen. Dennoch sei die Wahrung der religiösen Harmonie
in der Bevölkerung eine der größten Herausforderungen.
„Wir haben aus den
Ereignissen in Kandhamal gelernt“, so der Erzbischof mit Verweis auf die immer wieder
aufflammenden religiösen Konflikte im indischen Bundesstaat Orissa. In Patna trifft
sich seither einmal pro Monat ein 22-köpfiges Gremium von Politikern und Religionsvertretern
zum Gespräch. Das Gremium versuche, kritische Situationen sofort zu entschärfen: „Schon
eine kleine Gruppe reicht aus, um den ganzen Frieden zu stören“.
Die sozialen
Projekte der Erzdiözese Patna werden auch von Österreich aus unterstützt. Neben der
Dreikönigsaktion, Missio oder Kirche in Not hilft etwa die Katholische Frauenbewegung
bei einem weiteren Schwerpunkt: der Stärkung der Rechte von Frauen. Mehr als 1.600
Selbsthilfegruppen hat die Erzdiözese aufgebaut, um Frauen-Empowerment zu fördern.
Die Dreikönigsaktion wiederum unterstützt Ausbildungszentren, in denen Jugendliche
aus den ärmsten Bevölkerungsgruppen Berufe wie Elektriker oder Installateur erlernen
können.