Von „abscheulichen
Taten“ spricht der Vatikanvertreter in Damaskus, Nuntius Mario Zenari, nach dem jüngsten
Massaker im syrischen Tremseh. Nach unterschiedlichen Angaben wurden in der Stadt
der Provinz Homs am Donnerstag mindestens 150, möglicherweise sogar mehr als 200 Menschen
getötet, darunter offenbar viele Aufständische. Die Opposition und die Regierung beschuldigten
sich gegenseitig der Gewalt. Die neue Bluttat löste weltweites Entsetzen aus, UNO-Generalsekretär
Ban Ki-moon sprach von „entsetzlichen Massentötungen“ und forderte den Sicherheitsrat
am Freitag nachdrücklich zum Handeln auf. Auch nach Beobachtung von Nuntius Zenari
erreicht die Gewalt in Syrien Tag für Tag ein neues Niveau, immer mehr Menschen –
darunter auch immer mehr Kinder – fielen ihr zum Opfer. Zenari sagte an diesem Samstag
gegenüber Radio Vatikan:
„Diese Gräuel sind nur die Spitzen vieler
Eisberge. Unter der Oberfläche ist es wirklich beunruhigend; jeden Tag werden wir
Zeugen einer Verschlechterung der Lage, die Unsicherheit nimmt von Tag zu Tag zu,
die Menschen haben Angst, auf die Straße zu gehen, und es gibt immer mehr Waffen,
die zirkulieren. Ich würde also sagen: Wenn es solche abscheulichen Taten gibt, die
das Bewusstsein der Menschheit verletzen… - ich sage immer, man muss Vertrauen haben,
nie das Vertrauen verlieren, alles kann sich wenden mit der Hilfe der Internationalen
Gemeinschaft.“
Man hört dem Nuntius im Interview an, wie sehr ihm die
Verschlimmerung der Situation in Syrien zu Herzen geht. Das Schicksal des Landes hänge
jetzt zu wesentlichem Teil von der Einheit der Internationalen Gemeinschaft ab. Diese
müsste ihre Zwistigkeiten endlich beiseitelegen, damit sie Einfluss auf die Lage in
Syrien nehmen können, so Zenari mit Blick vor allem auf Russland, China und die Arabische
Liga.
„Denn sonst, wenn die Internationale Gemeinschaft geteilter
Meinung ist, fühlen sich die Konfliktparteien frei, das zu tun, was ihnen am besten
passt. Die Internationale Gemeinschaft dazu zu drängen und sie zu ermutigen, mit einer
Stimme zu sprechen, bis man das Ende der Gewalt erwirkt, die in diesen Tagen immer
schlimmer wird – das ist die erste, wirklich dringliche Notwendigkeit!“
Der
Nuntius ist in diesen Tagen nach einem dreiwöchigen Auslandsaufenthalt nach Syrien
zurückgekehrt und zeigte sich geschockt über das neue Ausmaß der Gewalt in Syrien.
Die Unsicherheit habe zugenommen, man könne sich kaum noch frei bewegen, und es gebe
ständige Auseinandersetzungen und auch Entführungen in Regionen, die bisher unter
Kontrolle waren, sagte der Vatikanvertreter am Freitag im Interview mit dem römischen
Pressedienst asianews. Der maronitische Erzbischof von Damaskus, Samir Nassar, berichtete
im Gespräch mit der katholischen Nachrichtenagentur SIR, dass viele christliche Familien
nur an Flucht aus Syrien dachten. Auch schränke das Chaos die religiöse Praxis ein,
da viele Familien Angst hätten, die Messen zu besuchen.