Nur ein politischer
Wandel im Klimaschutz und in der Entwicklungspolitik kann den Hunger in der Welt effektiv
bekämpfen. Daran haben Experten und Kirchenvertreter jetzt in München erinnert. Dort
stellten die deutschen Bischöfe an diesem Dienstag eine Erklärung zur weltweiten Hungerkrise
vor, in die Ergebnisse einer neuen Studie zum Thema eingeflossen sind. Der Bamberger
Erzbischof Ludwig Schick erklärte am Rande der Veranstaltung gegenüber dem Münchner
Kirchenradio:
„Die Zerstörung der Umwelt ist Verhinderung der Nahrungsproduktion.
Das zweite: Wir müssen den Protektionismus, der von Europa und von Lateinamerika auf
die Länder im Süden ausgeübt wird, unbedingt beenden, weil das Nord-Süd-Gefälle verhindert,
dass sich dort die Agrarmärkte entwickeln können und dann eben dadurch auch die Nahrungsmittelproduktion
verhindert wird. Also es muss die Subvention der Landwirtschaft hier beendet werden,
und es muss der Schutz unserer Produkte vor Produkten aus dem Süden beendet werden.“
Die
Studie zum Welthunger wurde von der interdisziplinären Sachverständigengruppe „Weltwirtschaft
und Sozialethik“ der Bischofskonferenz erstellt und bündelt Ursachenforschung und
Lösungsansätze auf ethischer Folie: Das Menschenrecht auf Nahrung werde konsequent
als „normativer Standpunkt“ vorausgesetzt und mit in die Analyse hineingenommen, gibt
der Vorsitzende der Sachverständigengruppe Johannes Wallacher an. Diese Verbindung
zwischen neusten wissenschaftlichen Ergebnissen und Ethik sieht der Präsident der
Hochschule für Philosophie München als „neues Element“. Wallacher erhofft sich von
der Studie konkrete Impulse für die Politik; wichtige Weichenstellungen in der Hungerbekämpfung
stünden ja bald ins Haus:
„Ich hoffe sehr, dass wir in einem politischen
Prozess, der ja in vielen Bereichen derzeit ansteht, zum Beispiel in der Frage der
Energiewende, Wirkung zeigen. Hier sprechen wir uns sehr für eine nachhaltige Energiewende
aus, die nachwachsende Energierohstoffe nur der zweiten Generation nutzt. Oder im
Hinblick auf die anstehende Agrarmarktreform im Bereich der EU, wo es endlich wichtig
ist, die Fördermaßnahmen stärker an ökologische und soziale Kriterien zu binden. Und
da erhoffe ich mir einen Impuls der Studie.“
Die Nahrungsmittelproduktion
sei in den vergangenen 50 Jahren stärker gewachsen als die Weltbevölkerung. Dennoch
litten heute fast eine Milliarde Menschen an chronischem Hunger. Warum? Dazu Wallacher:
„Zunächst
einmal haben wir ein unseliges Konglomerat an Fehlentwicklungen in den einzelnen Ländern,
politische Unruhen, Instabilität sind ein großer Nährboden für Hunger, aber auch die
Vernachlässigung der ländlichen Entwicklung in den letzten 40 Jahren durch die Länder
selber und durch die internationale Entwicklungszusammenarbeit. Und diese Fehlentwicklungen
werden jetzt noch einmal sehr stark verstärkt durch neue Probleme wie den Anbau von
nachwachsenden Energierohstoffen, die zu zunehmenden Spekulationen auf Warenterminbörsen
führen und die nach wie vor hochgradig verzerrte Wettbewerbe durch die Subventionen
verursachen, die wir unterschiedslos zahlen!“
Die Studie „Den Hunger bekämpfen.
Unsere gemeinsame Verantwortung für das Menschenrecht auf Nahrung“ und die Erklärung
der deutschen Bischöfe wurden an diesem Dienstag auf einer Pressekonferenz in München
vom Vorsitzenden der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof
Ludwig Schick, und dem Vorsitzenden der Sachverständigengruppe und Präsidenten der
Hochschule für Philosophie München, Johannes Wallacher, vorgestellt.