Die Betrachtung
zum Sonntagsevangelium stammt im Monat Juli aus der Feder unseres langjährigen Kollegen
bei Radio Vatikan, des deutschen Priesters Ludwig Waldmüller.
Es war ein
Trauerspiel… Wir saßen auf einer Terrasse mit Leuten aus meinen Pfarreien und schauten
gemeinsam das Viertelfinalspiel Deutschland gegen Italien. Es war wirklich ein Trauerspiel.
Deutschland lag 0:2 hinten, und die zweite Halbzeit war schon lang im Gange. Und mittendrin
ist mir etwas aufgefallen: Die Chancen für Deutschland standen schlecht, sehr schlecht.
Aber einige der versammelten Fußballfans hofften. Und wie! „Komm, es sind noch zehn
Minuten!“ Mal ehrlich: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die deutsche Nationalelf
in zehn Minuten noch zwei Tore schießt?! „Lauft halt, ihr schafft das!“, waren Rufe,
die die Mannschaft anfeuern sollten. Und tatsächlich: Ein Elfmeter brachte das 1:2.
Danach stieg die Hoffnung erst recht: „Jetzt schafft ihr’s!“ Jeder weiß, dass sie
es nicht geschafft haben, das ist mir auch gar nicht so wichtig. Beachtenswert finde
ich hingegen die Stimmung, die ich beobachten konnte: Jeder berechnend denkende Mensch
hätte schon nach dem 2:0 gesagt, das Spiel ist verloren. Die Hoffnung der Fans war
größer. Und damit sind wir mitten im heutigen Evangelium: Da ist von zwei Menschen
die Rede, die Hoffnung haben wider alle Hoffnung. Zwei Menschen, die glauben, obwohl
alles verloren erscheint. Zwei Menschen, die wahrscheinlich unterschiedlicher nicht
sein könnten, ein namentlich bekannter Synagogenvorsteher und eine namenlose, verarmte
Frau. Aber für beide gilt in vielen Punkten dasselbe.
1. Zweimal unmöglich
Die blutflüssige Frau, von der hier erzählt wird, ist schwer erkrankt. Seit zwölf
Jahren leidet sie an Blutungen. Sie hat alles versucht. Alles. Wie heißt es gleich
wieder? „Sie war von vielen Ärzten behandelt worden und hatte dabei sehr zu leiden;
ihr ganzes Vermögen hatte sie ausgegeben, aber es hatte ihr nichts genutzt, sondern
ihr Zustand war immer schlimmer geworden.“ Nicht nur, dass ihre Gesundheit abgeschrieben
werden kann – sie ist auch arm geworden. Sie leidet auf der ganzen Linie. Hoffnung
kann sie eigentlich keine mehr haben. Eine Heilung ist nicht mehr zu erwarten – alle
Ärzte haben sich an ihren Blutungen die Zähne ausgebissen.
Und nun geht es
der anderen Person ähnlich: Jaïrus, der Synagogenvorsteher, hat ein mindestens genauso
großes Leiden: Seine Tochter liegt im Sterben. Die Komposition des Evangeliums schiebt
die Geschichte von der blutflüssigen Frau mitten in die Geschichte der Tochter des
Jaïrus hinein. Warum? Um deutlich zu machen: Es vergeht Zeit! Die sterbende Tochter
ist nun in der Zwischenzeit gestorben. Jaïrus darf eigentlich nun wirklich keine Hoffnung
mehr haben. Jesus, von dem er gehört hat, ist ein Heiler. Aber heilen und Tote erwecken
sind zwei Paar Stiefel.
Zweimal, liebe Hörerin, lieber Hörer, haben wir hier
also ein Schicksal, das besiegelt scheint. Eine positive Wendung ist eigentlich ausgeschlossen:
Die austherapierte Kranke und der Vater, der seine Tochter verloren hat, können eigentlich
nur aufgeben.
Wie oft gibt es nicht solche Situationen in unserem Leben? Wollen
wir nicht aufgeben, alles hinwerfen, weil es einfach nicht mehr möglich erscheint?!
Das Evangelium ist hier überdeutlich: Solche Situationen gibt es. In den unterschiedlichsten
Varianten. Und sie sind einfach schrecklich.
2. Berührung durch Jesus In
beiden Fällen aber wird das Unmögliche möglich: Die blutende, verzweifelte Frau wird
geheilt. Und die verstorbene Tochter des Synagogenvorstehers lebt. Und wie? Auch hier
geschieht bei beiden Geschichten dasselbe: Die Frau tritt
Es ist nicht nur
die Berührung mit Jesus, die heilt und Leben schenkt, wo der Tod regiert. Es ist auch
und vor allem das unbedingte Vertrauen. Beiden Menschen ist etwas passiert, was unumkehrbar
und unheilbar erschien. Und beide durften erfahren, dass es ganz anders ist: Weil
sie vertrauten.
Ich habe das in meinem Leben immer wieder erfahren dürfen:
Wenn ich nicht mehr selbst handeln wollte, sondern die Sache Gott übergab, wenn ich
Jesus handeln ließ, dann hat sich alles gefügt.
Der heilige Ignatius von Loyola
wird immer wieder mit dem Satz zitiert: „Handle so, als ob alles von dir, nichts von
Gott abhinge. Vertraue so auf Gott, als ob alles von Gott, nichts von dir abhinge.“
Vielleicht kann das ein Gedanke für diesen Sonntag und diese Woche sein: „Handle so,
als ob alles von dir, nichts von Gott abhinge. Vertraue so auf Gott, als ob alles
von Gott, nichts von dir abhinge.“