Peter und Paul – das ist in Rom nicht bloß ein Hochfest, sondern auf gewisse Art auch
ein Volksfest. Seit jeher verleiht der Papst den neuen Erzbischöfen zu diesem Fest
ihr Pallium, also eine weiße Wollstola, die für das Hirtenamt steht und eine besondere
Verbindung zum Bischof von Rom bekundet. Papst Benedikt hat nun vor einigen Tagen
Änderungen bei der Übergabe der Pallien an die neuen Erzbischöfe verfügt. Ab diesem
Jahr sind die Segnung und Übergabe der Pallien nicht mehr nach der Predigt in der
Liturgie angesetzt, sondern beim Einzug des Papstes in den Petersdom, also vor dem
Beginn der Messe. Diese Vorverlegung unterstreicht, dass die Pallienübergabe kein
sakramentaler Ritus ist, teilte das liturgische Büro mit. Zum anderen unterbricht
die Zeremonie auf diese Weise nicht mehr die Eucharistie, was der geistlichen Sammlung
dient; und nicht zuletzt: Sie ist kürzer. Mit einer ähnlichen Begründung hatte Papst
Benedikt beim letzten Konsistorium den Ritus zur Kardinalserhebung vereinfacht. Noch
eine Premiere in diesem Jahr bei der Messe zu Peter und Paul: Der weltberühmte anglikanische
Chor von Westminister Abbey singt bei dieser Liturgie, gemeinsam mit dem päpstlichen
Sixtina-Chor, der in den 500 Jahren seines Bestehens noch nie zusammen mit einem anderen
Chor auftrat. Die Einladung an den anglikanischen Chor kam von Papst Benedikt persönlich,
als er 2010 bei seiner London-Visite Westminister Abbey zu einem ökumenischen Gottesdienst
besuche. Eine große ökumenische Geste des Musikliebhabers Benedikt. 46 neue Erzbischöfe
aus aller Welt erhalten am Freitag das Pallium aus den Händen des Papstes. Einer von
ihnen kommt aus dem deutschen Sprachraum, nämlich der Berliner Kardinal Rainer Maria
Woelki. Dieser nutzt den Rom-Besuch auch, um tags darauf seine römische Titelkirche
in Besitz zu nehmen, San Giovanni Maria Vianney in der östlich gelegenen Peripherie
Roms. Die Titelkirche ist Teil des Kardinalamtes, jeder Kardinal bekommt sie bei seiner
Erhebung vom Papst zugewiesen. Dies erinnert an die alte Praxis, nach der die Päpste
in der frühen Kirche nicht von den Kardinälen - die es noch nicht gab -, sondern vom
römischen Klerus gewählt wurden. Das Pallium hingegen, Zeichen der Erzbischöfe,
ist eine Wollstola, die bei Liturgien angelegt wird. Sie sitzt auf den Schultern und
erinnert so an den guten Hirten, der nach der biblischen Erzählung das verlorene Schaf
„auf die Schultern nimmt und es heim trägt zu den Wassern des Lebens“, wie Papst Benedikt
einmal formulierte. Gleichzeitig ist das Pallium eine Art Joch, das für eine besondere
Last und damit Verantwortung steht, die der Erzbischof für den Menschen hat. Auch
der Papst selbst trägt ein Pallium. Peter und Paul, die beiden so genannten Apostelfürsten,
sind die Stadtpatrone Roms. Sie werden neuerdings auch wieder mit einem großen Feuerwerk
an der Engelsburg gefeiert, der so genannten Girandola. Die Girandola ist nicht bloß
ein Lichterspektakel für weltliche Gemüter, sondern hat religiöse Ursprünge. Das Feuerwerk
geht auf Papst Sixtus IV. zurück, jenem, der auch die sixtinische Kapelle errichten
ließ. 1481 erleuchtete das Girandola-Feuerwerk zum ersten Mal die Engelsburg. Künstlerischer
Verantwortlicher dafür soll niemand geringerer als Michelangelo gewesen sein. Über
die Jahrhunderte geriet das nächtliche Schauspiel immer spektakulärer und zog Schaulustige
aus ganz Europa an. Mitte des 19. Jahrhunderts kam die Tradition zum Erliegen, bis
sie vor fünf Jahren von der Gemeinde Rom zu Ehren der Stadtpatrone Peter und Paul
wiederbelebt wurde. (rv 27.06.2012 gs)