Die traditionalistische Piusbruderschaft hat sich skeptisch über eine Aussöhnung mit
dem Vatikan geäußert. Der Generalobere könne die zuletzt vom Vatikan vorgelegte Version
des Einigungsdokuments nicht unterzeichnen, heißt es in einem als „vertraulich“ und
„intern“ gekennzeichneten Rundschreiben, das seit Dienstag im Internet zirkuliert.
Das Dokument trägt die Unterschrift des Generalsekretärs der Bruderschaft, Christian
Thouvenot. Anfang Juli werde das Generalkapitel der Bruderschaft tagen und dabei über
das Dokument und den gesamten Vorgang beraten.
Thouvenot erklärt unter Berufung
auf mehrere nicht genannte Quellen, die letzte vom Generaloberen Bernard Fellay korrigierte
Version vom April habe Papst Benedikt XVI. zwar persönlich überzeugt. Mitte Juni habe
aber der Präfekt der römischen Glaubenskongregation, Kardinal William Levada, Fellay
eine Textfassung vorgelegt, die wieder um einige Monate „zurückgedreht“ war. Diese
Version des Einigungsdokumentes sei für die Bruderschaft „eindeutig inakzeptabel“.
Das habe Fellay Levada auch unmittelbar mitgeteilt. Die Korrekturvorschläge der Bruderschaft
seien mithin vom Vatikan abgelehnt worden.
Ausgeschlossen von den Beratungen
des Generalkapitels ist nach Angaben des Generalsekretärs der Holocaust-Leugner Richard
Williamson. Grund für den von Fellay verhängten Ausschluss seien dessen wiederholte
Äußerungen zu den Enigungsbemühungen. Williamson habe „zur Rebellion aufgerufen“ und
sei beständig ungehorsam gewesen. Mehrere für den 29. Juni vorgesehene Priesterweihen
von traditionalistischen Dominikanern und Kapuzinern wurden laut der Mitteilung verschoben.
- Das Rundschreiben Thouvenots an die Distriktoberen, Seminare und Häuser der Bruderschaft
trägt das Datum vom Montag.
Der Brief ist die neueste Entwicklung eines monatelangen
Tauziehens und Schriftwechsels um eine mögliche theologische Einigung. Vorangegangen
waren eineinhalbjährige theologische Gespräche von Vertretern des Heiligen Stuhles
und der Traditionalisten. Deren Ergebnis war eine sogenannte lehrmäßige Präambel,
die der Vatikan im September 2011 als Grundlage einer möglichen Aussöhnung formulierte
und den Piusbrüder zur Unterschrift vorlegte. Darin wird die Treue zum Lehramt der
katholischen Kirche einschließlich der Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils
festgehalten.
Die beiden ersten Antworten der Traditionalisten hatte der Vatikan
als ungenügend bewertet. Ein drittes Schreiben Fellays Mitte April wurde von der Kardinalsversammlung
der Glaubenskongregation Mitte Mai beraten und dem Papst zur Entscheidung vorgelegt.
Der Heilige Stuhl hatte zu jedem Zeitpunkt ausschließlich mit dem Oberen der Bruderschaft,
Fellay, verhandelt, nicht aber mit den drei übrigen Traditionalistenbischöfen, die
ebenfalls 1988 illegal von Erzbischof Marcel Lefebvre geweiht wurden. Diese drei,
unter ihnen Williamson, schlossen eine Rückkehr in die katholische Kirche für die
nähere Zukunft grundsätzlich aus.
Für Irritationen hatten in Rom jüngste Äußerungen
Fellays gesorgt, Rom verlange von den Piusbrüdern nicht mehr die Akzeptanz des gesamten
Zweiten Vatikanums. Im Vatikan hieß es dazu, die Annahme des vollständigen Lehramtes
der katholischen Kirche sei und bleibe Grundlage für eine Beendigung des Bruchs zwischen
Rom und den Traditionalisten. (kna/rv 26.06.2012 gs)