2012-06-21 12:39:26

D: „Kirche soll offen und positiv über Sexualität reden“


Der Münsterschwarzacher Theologe und Psychotherapeut Wunibald Müller will, dass in der katholischen Kirche offen und positiv über Sexualität gesprochen wird. „Ich würde mir wünschen, dass die Kirche hinter Sexualität die Schöpfermacht Gottes und nicht einen lüsternen Satan sieht“, sagte der Leiter des Recollectio-Hauses am Mittwochabend in München bei einer Veranstaltung der Eugen-Biser-Stiftung. Sexualität könne heilig sein.

In seiner therapeutischen Arbeit im Recollectio-Haus mit Seelsorgern in Lebenskrisen stelle er immer wieder fest, dass Sexualität „sehr wohl ein Thema“ für viele Hauptamtliche sei, sagte Müller weiter. In der Ausbildung sei sie jedoch in früheren Jahren tabuisiert worden. Mit dem Zölibat hätten zehn bis 15 Prozent seiner Klienten große Schwierigkeiten. „Ich bin ein Vertreter des Zölibats. Aber ich bin dafür, dass er freigestellt wird“, so Müller wörtlich.

Der Brixener Moraltheologe Martin Lintner sieht die Zölibatsdebatte nicht als deutsche Besonderheit. Auch in anderen Teilen der Welt werde die für Priester verpflichtende Ehelosigkeit infrage gestellt. Weiter forderte Lintner, mit „historischen Irrtümern“ aufzuräumen, etwa bei der Interpretation einer Passage aus dem Paulusbrief an die Korinther. In der ursprünglichen Fassung seien mit denen, die der Eucharistie „würdig“ seien, Menschen gemeint gewesen, die die Nächstenliebe lebten. Erst später sei „würdig“ als Enthaltsamkeit interpretiert worden.

Lintner räumte ein, die Lehre der katholischen Kirche werde dadurch einseitig, dass sexuell enthaltsame Männer sie prägten. Auch er hoffe, dass eine neue Sprache über Sexualität gefunden werde. Dazu dürfe die Kirche nicht nur auf die Einhaltung von Normen pochen, sondern müsse die Werte dahinter stärker herausstellen. Treue etwa sei ein Wert, der hohe Zustimmung in der Bevölkerung genieße. Auch Liebe und Achtung voreinander seien derartige Werte.

Müller sagte, wenn Homosexuelle von Liebe sprächen, könne er ihnen diese nicht absprechen. Ihm zufolge könnte katholische Sexualmoral anders aussehen, wenn Frauen mitreden dürften. Weibliche Führungskräfte in der Kirche wären auch sensibler mit dem Problem des sexuellen Missbrauchs umgegangen, sagte der Psychotherapeut in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
(kna 21.06.2012 gs)








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