„Die Qualität des Zeugnisses erhöhen“ - zum Arbeitsdokument für die Bischofssynode
2012
Der Vatikan hat an
diesem Dienstag das so genannte „Instrumentum Laboris“, das Arbeitspapier für die
Weltbischofssynode zur Neuevangelisierung, veröffentlicht. Die Synode beginnt am 7.
Oktober, wenige Tage vor Beginn des von Benedikt XVI. ausgerufenen „Jahres des Glaubens“,
und geht bis zum 28. Oktober. Zur Vorbereitung der Synode war im März 2011 das erste
Vorbereitungsdokument, die so genannte „Lineamenta“ vorgestellt worden. Unser Redaktionsleiter
Pater Bernd Hagenkord hat beide Dokumente gelesen.
Pater Hagenkord, was für
ein Dokument ist das heute veröffentlichte Arbeitspapier genau?
Der lange
Text – es sind über 80 Seiten – ist und liest sich als eine Fortschreibung des ersten
Vorbereitungstextes, also der so genannten „Lineamenta“. Das war ein ähnlicher Text,
etwas kürzer, der dem Projekt der Bischofssynode einen ersten Aufgabenumriss gegeben
hat. Damals wurden nach jedem Kapitel Fragen gestellt mit der Aufforderung,
diese im Bistum oder im Orden zu besprechen. Diese Antworten bilden nun die Fortschreibung.
Man hat das Gerüst des ersten Dokumentes genommen und dann mit den Impulsen aus der
Ortskirche weiter gearbeitet. Das Ganze ist eindeutig kein Katechismus und
kein fertiges Dokument, man merkt ihm an, dass es für die Weiterarbeit gedacht und
geschrieben ist.
Was sind denn die Unterschiede zwischen dem ersten und
dem zweiten Text?
Der zweite ist eindeutig weniger abstrakt. Beim ersten,
den Lineamenta, war ganz allgemein und sehr theologisch und spirituell ein Rahmen
formuliert worden. Diesem Text merkt man nun an, dass die Praxis eingeflossen ist.
Das soll nicht heißen, dass er weniger profund ist, aber die Antworten aus den Ortskirchen
haben den Charakter des Textes geändert. Damit wird die Synode, wenn sie im Oktober
tagt, sicherlich etwas anfangen können.
Aber muss denn nicht ein Text aus
Rom, der für die ganze Kirche gelten soll, notwendigerweise allgemein sein, ja vielleicht
ein wenig abstrakt?
Das könnte man meinen, aber dies ist wirklich ein pastoral
ausgerichteter Text. Er beginnt damit, die verschiedenen Bezüge herzustellen: Das
Konzilsjubiläum, das Jahr des Glaubens usw., dann spricht er aber auch die problematische
Situation der Kirche an und die Notwendigkeit, über eine Erneuerung zu sprechen, und
zwar in der ganzen Kirche, nicht nur im alten Westen. Das zeigt, dass das Dokument
seinen Ort in der Debatte hat und nicht wie ein Einzelstück herausragt. Dann
ist es die theologische Sprache, die gewählt wurde: Der Text stellt die Begegnung
mit Christus vor, er spricht davon, die Menschen hineinzunehmen in die Beziehung Gottes.
Das ist sehr pastoral und deswegen sehr praktisch. Eben genau für die Ebene gedacht,
auf der Neu-Evangelisierung stattfinden muss, nämlich vor Ort.
Die Weltbischofssynode
vom Oktober steht unter dem Titel „Die Neue Evangelisierung für die Weitergabe des
christlichen Glaubens“. Nun ist das Wort „Neuevangelisierung“ nicht wirklich beliebt,
zumindest nicht in der deutschsprachigen Kirche. Was genau soll das sein?
Neue
Evangelisierung soll nicht einen Zustand von früher wieder herstellen. Sie ist keine
Taktik, um mehr Mitglieder zu gewinnen. Sie will Veränderung, und das meint vor allem
zuerst die Veränderung aus sich selbst, von der Kirche selbst. Es ist richtig,
wirklich beliebt ist das Wort nicht, aber es ist das hier in Rom eingeführte Wort,
das letztlich auf Papst Paul VI. zurück geht. Wir würden das eher missionarische Seelsorge
nennen, gemeint ist genau das Gleiche.
Was genau soll laut Arbeitsinstrument
die Synode im Oktober denn leisten?
Sie soll eine Revisionsarbeit leisten,
und zwar soll neu nachgedacht werden, wie Kirche unter Menschen heute sein und leben
und verkünden kann. Es ist keine Neuerfindung von Kirche, aber auch nicht das Trauern
um das Alte. Es geht um das Heute. Und hier werden in Sachen Analyse der Gegenwart
erste Schritte gemacht, die die Synode selbst sicherlich noch vertiefen wird, etwa
in der Frage der ökonomischen oder sozialen Bedingungen, der Globalisierung, oder
auch in der Veränderung der Medienwelt. Das sind neue Bedingungen für die Kirche –
und unter denen muss sie sich neu finden.
Auch vom Phänomen der Migration
und den Folgen der Säkularisierung für das Glaubensleben ist in dem Dokument die Rede.
Sie haben gerade das Stichwort „Veränderung auch von innen“ genannt. Geht es auch
um eine Reform der Kirche?
Nicht ganz. Es geht schon um Verkündigung. Im
ganzen Dokument wird sehr klar, dass es um die Natur der Kirche geht, also um ihren
Auftrag, das Evangelium Jesu Christi zu leben und weiter zu geben. Das Wort ‚Reform’
meint ja eher die Struktur. Bei dem Projekt der neuen Evangelisierung soll es schon
um den Kern gehen, also um das Leben des Glaubens und dessen Weitergabe. Um eine Formulierung
des Textes zu verwenden: Evangelisierung will neues Leben für jede menschliche Erfahrung.
Sie will keine Sonderwelt namens Kirche oder Glauben, sondern die ganze menschliche
Welt, wie sie eben heute ist, für den Glauben öffnen. Das ist das Projekt
der Synode, und diesen Geist atmet auch das „Instrumentum Laboris“.