Hinsichtlich des Urteils des ägyptischen Verfassungsgerichts ist die ägyptische Gesellschaft
gespalten. Das beobachtet der griechisch-katholische Priester Rafic Greiche, Pressesprecher
der katholischen Bischöfe in Ägypten. Er sagte gegenüber der Agentur Fides: „Die Liberalen
begrüßen den Beschluss des Verfassungsgerichts und die Auflösung des Parlaments, da
es von Muslimbrüdern und Salafisten dominiert wird. Während die Islamisten, insbesondere
die Salafisten, das Urteil ablehnen und bereits erklärten, dass sie bereit seien,
den Tahrir-Platz zu besetzen, sollte der Oberste Militärrat bei der zweiten Runde
der Präsidentschaftswahl Wahlbetrug verüben“. Die einfachen Bürger seien „erleichtert,
denn es müssen Fehler korrigiert werden, die in den eineinhalb Jahren seit dem Sturz
des Regimes Mubarak gemacht wurden“, so Pater Greiche weiter. „Denn die Militärs schenkten
zunächst den Muslimbrüdern ihr Vertrauen und haben erst später bemerkt, dass Interessenunterschiede
bestehen. Nun ist es zu einem Bruch gekommen und die beiden Parteien sind sich nicht
mehr wohl gesinnt“.
Auch Revolutionäre sind gespalten Die
Revolution im Jahr 2011, die zum Sturz von Mubarak führte, hatte das Ziel, ein Regime
zu beenden, dessen Rückgrat die Militärs waren. „Ein Großteil der Liberalen unterstützen
nun die Militärs, weil sie gegen die Muslimbrüder eingestellt sind“, so Pfarrer Greiche:
„Die Revolutionäre des Tahrir-Platzes sind auch untereinander gespalten, denn sie
haben unterschiedliche politische Visionen: es gibt solche, die auf der Seite der
Islamisten stehen und andere, die liberale Ideen vertreten und wieder andere, die
vor allem die Macht der Militärs über die ägyptische Gesellschaft beenden wollen“.
(fides 16.06.2012 pr)