Syrien: Internationaler Einsatz nur mit Maß und Ziel
Um in Syrien einen
internationalen Militäreinsatz und damit tatsächlich einen Krieg zu vermeiden, sollte
versucht werden, den Frieden durch internationale Polizeibeamte wieder herzustellen.
Das rät der italienische Mönch Paolo dall’Oglio, der sich nun nach vielen Jahren in
Syrien anschickt, das Land zu verlassen. Seine Äußerung fällt in Tagen extremer Spannung.
Das Assad-Regime droht seinen Gegnern im Land nun mit einer umfassenden Militärinitiative
und stellte den Widerständlern ein Ultimatum von wenigen Stunden, um ihre Waffen abzugeben.
Muss die internationale Gemeinschaft eingreifen? Paolo dall’Oglio:
„Ich
bin von Beruf nicht Hellseher. Ich bin ein Mönch, der für den Friedens dieses Landes
betet. Und ich glaube, dass sicherlich eine moralische Pflicht der internationalen
Gemeinschaft zum Eingreifen da ist, wenn ein Land aufgrund internationaler Spannungen
derart übel zugerichtet ist wie Syrien. Aber man muss das mit Maß und Ziel machen,
mit Intelligenz, mit Abstufungen und mit dem Willen, die Dinge nicht noch weiter zu
verschlechtern, wie das leider in Libyen geschehen ist, ganz sicher im Irak und erst
Recht in Afghanistan. Bevor man an einen bewaffneten internationalen Einsatz denkt,
sollte man erwägen, internationale Polizeitruppen gezielt in die Orte zu schicken
– und nur in diese – an denen es blutige interkonfessionelle Konflikte zwischen Sunniten
und Schiiten gibt.“
Syrien ist in der Sicht des Ordensmannes wörtlich nicht
nur eine „Pestbeule der internationalen Fieberschauer“, sondern auch Schauplatz einer
regionalen Gegnerschaft zwischen den beiden Hauptströmungen des Islam, der sunnitischen
und der schiitischen, eine Gegnerschaft, die schon den Libanon und den Irak gefährdete.
Eine gezielte Christenverfolgung gibt es aus seiner Sicht nicht; Pater dall’Oglio
bestätigt damit auch die Einschätzung des Nuntius in Damaskus, Mario Zenari.
„Ich
kann nicht ausschließen, dass in Syrien dieselben extremistischen Gruppen am Werk
sind, die während der westlichen Besetzung des Irak den Christen das Leben schwer
gemacht haben. Al Kaida ist etwa eine Geheimorganisation, die für ihre eigenen Ziele
innerhalb der syrischen Revolution kämpft, die ihrerseits keine Kontrolle über al
Kaida hat. So ähnlich wie eine europäische Regierung keine Kontrolle über Terrorzellen
auf ihrem Gebiet hat. Terror, das ist ein Problem, das weit über die Frage der Revolution
in Syrien hinausgeht. Die Syrer rufen das vor den Kadavern ihrer getöteten Kinder
aus: wir wollen ein pluralistisches und demokratisches Syrien für die Muslime, für
die Christen, für die Alewiten, für alle.“ (rv 15.06.2012 gs)