2012-06-14 15:01:46

Der Konflikt mit den Piusbrüdern: Die Geschichte


Der Beginn des Konfliktes liegt im Zweiten Vatikanischen Konzil. Erzbischof Marcel Lefebvre, Teilnehmer am Konzil, lehnt einige der beschlossenen Dokumente ab, vor allem das zur Religionsfreiheit. Er gründet deswegen 1969 die Bruderschaft Pius X., die zunächst auch kirchlich anerkannt wird. Diese Legitimation wird der Confraternitas aber 1975 von Papst Paul VI. wieder entzogen. Erzbischof Lefebvre wird als Bischof suspendiert, weiht aber weiterhin Priester.

Einen ersten Schritt zur Heilung des Konfliktes macht 1984 Papst Johannes Paul II., indem er die alte Form des Ritus (fälschlicherweise oft „tridentinische Messe“ genannt) unter bestimmten Bedingungen wieder zulässt. Daran schließen sich Verhandlungen zwischen dem Vatikan und der Bruderschaft an, bei denen Kardinal Joseph Ratzinger mit Lefebvre 1988 einen Kompromiss aushandelt. Diesen Kompromiss verwirft die Bruderschaft aber wieder, am 30. Juni werden vier Priester von Erzbischof Lefebvre entgegen kirchlichem Recht zu Bischöfen geweiht. Dadurch ziehen er und die Geweihten sich die Exkommunikation zu.

In Folge dieses Bruchs gründet der Vatikan die Kommission Ecclesia Dei, die sich um diese Angelegenheit kümmert. Gleichzeitig versucht man, andere traditionalistische Gruppierungen in die Kirche zu integrieren.

1991 stirbt Marcel Lefebvre. Als Nachfolger nimmt einer der von ihm geweihten – Bernard Fellay – die abgebrochenen Gespräche mit dem Vatikan wieder auf. 2000 wird Fellay erstmals vom Papst empfangen, 2005 empfängt ihn ebenfalls der neugewählte Papst Benedikt XVI.. Man wolle zu einer vollkommenen Gemeinschaft gelangen, heißt es nach dem Gespräch von Seiten des Vatikan.

Um diese Gemeinschaft zu erleichtern, erlaubt der Papst 2007 mit dem Breve Summorum Pontificum die Feier der „außerordentlichen Form des Ritus“, also der Messe nach dem Messbuch von 1962, unter bestimmten Bedingungen.

Seit 2008 bemüht sich die Bruderschaft um die Aufhebung der Exkommunikation ihrer Bischöfe. Bernard Fellay schreibt der Kommission Ecclesia Dei und sichert eine Anerkennung von Amt und Lehre des Papstes zu.

Am folgenden 21. Januar hebt die Bischofskongregation die Exkommunikation der vier Bischöfe der Piusbruderschaft Bernard Fellay, Richard Williamson, Bernard Tissier de Mallerais und Alfonso de Galarreta auf. Am 24. Januar wird diese Aufhebung öffentlich mitgeteilt. Fast gleichzeitig wird ein Interview mit einem der vier – Richard Williamson – im schwedischen Fernsehen gezeigt, in dem er die Gaskammern beim Holocaust leugnet.

Am 10. März schreibt Papst Benedikt XVI. einen Brief an alle Bischöfe der Welt, in dem er die Aufhebung der Exkommunikation erläutert. Er spricht von Fehlern, die der Vatikan gemacht habe, aber betont gleichzeitig auch den Willen, weiterhin für die Überwindung des Schismas einzutreten.

Im Oktober beginnen die Gespräche zwischen Piusbruderschaft und Vatikan, jeweils vier Teilnehmer besprechen die trennenden Auffassungen zu Fragen der Lehre.

Im Mai 2011 präzisiert Papst Benedikt XVI. die Bestimmungen von Summorum Pontificium. Dort war angekündigt gewesen, nach drei Jahren eine Revision zu unternehmen. Das päpstliche Schreiben Universae Ecclesiae entscheidet offene Rechtsfragen und beauftragt die Bischöfe mit der Umsetzung der Bestimmungen.

Nach zehn Gesprächen legt der Vatikan im September 2011 der Leitung der Bruderschaft eine so genannte „Lehrmäßige Präambel“ vor. Sie wird als Bedingung bezeichnet, um über eine kirchenrechtliche Wiederaufnahme der Bruderschaft in die Kirche sprechen zu können. Der Text wird als nicht verhandelbar bezeichnet, nur in einzelnen Formulierungen könne man noch über Präzisierungen sprechen. Der Text selber wird nicht öffentlich gemacht.

Eine erste Antwort der Bruderschaft vom Januar weist der Vatikan im März 2012 zurück, der Text reiche nicht aus, die Trennungen in den Auffassungen zur Lehre zu überwinden. Eine zweite Fassung wurde daraufhin von der Bruderschaft der Glaubenskongregation, der die Kommission Ecclesia Dei untersteht, übergeben.

Im Mai äußerte der Obere der Bruderschaft, Bernard Fellay, sich in einem Interview über den Spagat, den seine Gemeinschaft machen müsse: Einerseits wolle man „nicht Selbstmord begehen“, andererseits sei man mit dem Wunsch des Papstes einig, die volle Gemeinschaft herzustellen. Es sei zu prüfen, ob die vom Vatikan „vorgeschlagenen Strukturen und Bedingungen gangbar sind“. Dies betreffe unter anderem liturgische Praktiken und Lehren der Gemeinschaft.


(rv/kna/diverse 14.06.2012 ord)








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