Priesteramt: Gefestigte Persönlichkeit ist Voraussetzung
Für das Priesteramt kommen nur menschlich und spirituell gefestigte Persönlichkeiten
in Frage. Das hat Bischofsvikar Franz Schrittwieser im Gespräch mit der österreichischen
katholischen Nachrichtenagentur „Kathpress“ betont. Priestern dürfe es nicht um Selbstdarstellung
und Selbstverwirklichung eigener Ideen und vermeintlicher Berufungen gehen, sondern
sie müssten „Christus repräsentieren“ und sich auf die Fragen und Nöte der Menschen
von heute einlassen. Die angehenden Priester müssten bereit sein, sich in das Spannungsfeld
der Kirche von heute zu stellen und an der Einheit der Kirche zu arbeiten.
Schrittwieser
ist stellvertretender Präsident des österreichischen Canisiuswerkes (Zentrum für geistliche
Berufe) und war viele Jahre in der Priesterausbildung tätig. Als Bischofsvikar der
Diözese St. Pölten ist er seit kurzem für die Kategoriale Seelsorge verantwortlich.
Zur Frage, ob die Aufhebung des Pflichtzölibats oder die Zulassung von „viri probati“
–also verheirateten bewährten Männern – zum Weiheamt die Berufungen steigern würden,
zeigte sich Schrittwieser sehr skeptisch. Die Wurzel für Berufungen liege ganz woanders.
Überlegungen rund um diese „heißen Eisen“ würden bei den derzeitigen Priesteramtskandidaten
auch kaum eine Rolle spielen.
Bischofsvikar Schrittwieser verwies auf das Zweite
Vatikanische Konzil (1962-65), das klar herausgestellt habe, dass das Weihepriestertum
im „allgemeinen Priestertum“ aller getauften und gefirmten Christen wurzle. Dieser
Gedanke des „allgemeinen Priestertums“ sei noch viel zu wenig bewusst und umgesetzt,
so Schrittwieser. Erst wenn dieses Priestertum in den Familien oder bei Jugendlichen
intensiv gelebt wird, könne es wieder mehr Berufungen geben. Das sei auch eine zentrale
Herausforderung für alle berufungspastoralen Initiativen.
Das kircheninterne
Ringen um Reformen ist verbunden mit dem Ringen um ein neues Priesterbild. Dieses
stecke heute „in einem tiefgreifenden Wandel“, diagnostiziert der Pastoraltheologe
Paul Zulehner im Gespräch mit kathpress. So gebe es eine Tendenz weg vom Bild einer
„Priesterkirche“, die das Volk pastoral und sakramental „versorgt“, hin zum Bild eines
in die Gemeinschaft der Gläubigen eingebetteten Priesteramtes. Diesen Weg weisen laut
Zulehner all jene Modelle kleiner, lebensnaher gläubiger Gemeinschaften, aus denen
heraus neue Berufungen erwachsen. In ihnen werde eine neue, „weniger frei schwebende“,
sondern vielmehr „tief in der Gemeinschaft verwurzelte“ Form des Priesteramtes gelebt.
Dies
bedeute zugleich eine Öffnung für neue Formen des Priesteramtes. So plädierte Zulehner
- im Unterschied zu Bischofsvikar Schrittwieser - etwa für eine „Wiederentdeckung
der altkirchlichen Praxis“ im Blick auf die Weihe bewährter, verheirateter Männer
(„viri probati“). Dies habe 1970 bereits Joseph Ratzinger als Vision für eine Pastoral
der Zukunft als mögliche Option vorgeschlagen, so der Pastoraltheologe. Eine solche
Öffnung des Priesteramtes würde „keine Revolte“ bedeuten, sondern vielmehr „ein Ausschöpfen
der uns aus der Tradition eröffneten Möglichkeiten“, für deren heutige Umsetzung es
„längst Masterpläne in der Schublade“ gebe, meinte Zulehner.