Bosnien-Herzegowina: Bischof klagt über mangelnde Hilfe für katholische Rückkehrer
Mangelnde Hilfe der
bosnischen Regierung für katholische Flüchtlingsfamilien beklagt der Vorsitzende der
Bischofskonferenz von Bosnien und Herzegowina, Bischof Franjo Komarica. Allein in
den vergangenen zwei Monaten hätten sich 800 im Ausland lebende katholische Flüchtlingsfamilien
an ihn gewandt, um Hilfe für die Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina zu erlangen. Das
erklärte der Bischof von Banja Luka, das im serbischen Teil Bosniens liegt, jüngst
gegenüber dem katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“. Tausende weitere Flüchtlinge
seien ebenfalls zur Rückkehr bereit, fügte er an. Im Interview mit Radio Vatikan beschwert
sich der Geistliche über den mangelnden politischen Willen auch der internationalen
Gemeinschaft; katholische Flüchtlinge erhielten nur einen minimalen Bruchteil der
internationalen Hilfe.
„Wir Katholiken haben kein Recht auf unsere Identität!
Konkret heißt das, dass die Rückkehr aller Vertriebenen zugelassen wird oder sie materiell
unterstützt werden, nur den Katholiken wird das verweigert, sowohl politische Unterstützung,
rechtliche Unterstützung und materielle Unterstützung. Und das sechzehn Jahre nach
dem Krieg! Ständig müssen wir uns fragen, warum sind wir für sie keine Menschen?“
Die
Rückkehrwilligen erwarteten sich von der Kirche im Land Hilfe beim Wiederaufbau ihrer
Häuser und bei der Wiederherstellung der Infrastruktur. „Dies ist eigentlich die Aufgabe
der Regierung“, betont Bischof Komarica. Er sieht im Nicht-Handeln der Politik gar
eine „gut ausgearbeitete Strategie“, die zum Ziel habe, die katholische Präsenz im
Lande auszulöschen. Einzelne Politiker würden im persönlichen Gespräch offen zugeben,
dass sie der Auffassung seien, Katholiken hätten „in Bosnien nichts zu suchen“. Der
Bischof würde sich hier mehr Einfluss der Internationalen Gemeinschaft wünschen:
„Mit
welchem Recht darf ein Minister oder Bürgermeister sagen, dass Katholiken nicht zurück
kehren dürfen? Wer hat ihm das Recht gegeben? Ich frage mich deswegen, was die Menschen
in Brüssel, in Berlin, in Wien, in Paris, in London und Washington mit uns machen.
Was wollen sie von uns? Was haben sie vor mit uns? So ist unsere Situation, die Situation
von ganz Bosnien Herzegowina.“
Die kroatischstämmigen Katholiken seien
in dem Land „keine Gäste, sondern die älteste Volksgruppe“, erinnert Komarica. Nach
den Kriegsjahren hätten sie eigentlich eine wichtige Aufgabe im Land zu erfüllen,
gibt er zu bedenken:
„Die katholischen Kroaten hätten die friedfertige Aufgabe
bekommen müssen, zwischen zwei anderen verfeinden Völkern zu vermitteln, zwischen
Bosniern und Serben.“
Er kämpfe selbst seit vielen Jahren darum, dass in
Bosnien-Herzegowina „ein Rechtsstaat entsteht“, so Bischof Komarica weiter. Die katholische
Kirche wolle lediglich mit anderen Bevölkerungsgruppen gleichberechtigt sein und „ihr
Recht und ihre Pflicht wahrnehmen, an einer besseren Zukunft des Landes mitzuarbeiten“.
Es sei „nicht gut für Bosnien, eine ganze Volksgruppe auszuschließen“; Europas positive
Prinzipien müssten endlich auch in Bosnien-Herzegowina Wirklichkeit werden, fügt er
an:
„Mehr Glaubwürdigkeit, mehr Einigkeit, mehr Konsequenz, mehr Redlichkeit,
mehr Ehrlichkeit, mehr Entschlossenheit; auch in unserem Teil des europäischen Kontinentes
sollen sie zur Geltung kommen. Wir brauchen nur das eine: dass Europa auch dort Europa
wird und ist.“
Von den 835.000 Katholiken, die vor dem Krieg zwischen 1992
und 1995 in Bosnien-Herzegowina lebten, sind nur 450.000 übrig geblieben. 40 Prozent
der Bevölkerung bekennen sich heute zum Islam, rund 31 Prozent gehören der Serbisch-Orthodoxen
Kirche an. Der Rest gehört anderen Religionsgemeinschaften an. Katholiken machen noch
rund 10 Prozent aus.