Gott ist nicht abstrakt.
Gegen solche Vorstellungen hat sich Papst Benedikt XVI. bei seinen Worten anlässlich
des Konzertes im Mailänder Opernhaus La Scala gewandt. Er nahm dabei besonderen Bezug
auf das Erdbeben in Norditalien. Angesichts der Naturkatastrophe, die „so viel unverständliche
Zerstörung“ über die Region gebracht habe, „Menschenleben gekostet und vielen das
Zuhause genommen habe“, scheine die Existenz Gottes „diskutabel“, sagte der Papst
nach dem Konzert in seiner zweiten Mailänder Ansprache:
„Ist der gute Vater
nur über dem Sternenhimmel? Kommt seine Güte nicht bei uns an? Wir suchen einen Gott,
der nicht thront und weit weg ist, sondern der in unser Leben und Leiden eintritt.“
Nur
ein solch „naher Gott“ könne Leid lindern, nur eine „tätige“ Brüderlichkeit Erleichterung
bringen, fuhr Benedikt XVI. fort:
„Wir brauchen keine irreale Rede von einem
fernen Gott und einer nicht verbindlichen Brüderlichkeit. Wir suchen nach dem nahen
Gott. Wir suchen eine Brüderlichkeit, die inmitten der Leiden den anderen unterstützt
und so hilft, weiter zu gehen.“
Auf dem Programm für das Konzert stand
am Freitagabend die 9. Symphonie von Ludwig van Beethoven; Chor und Orchester des
weltberühmten Opernhauses dirigierte Daniel Barenboim. Die musikalische Darbietung
lobte der Papst als „intensiv und packend“. Weiter ging er im Detail auf die poetische
Grundlage der Symphonie, Friedrich Schillers „Ode an die Freude“, ein, von der im
Schlusschor der 9. Symphonie die Rede ist: Diese sei eine Einladung an alle Menschen
jenseits aller Barrieren und Überzeugungen, so Benedikt XVI.; mit der Vertonung von
Friedrich Schillers Werk beschwöre Beethoven eine „ideale Vision der Menschheit“.
Es gehe in dem Stück in einem allgemeinen Sinne um ein brüderliches Zusammenleben
der Völker und einen Sieg über den Egoismus. Hinzu komme der Wunsch, dass der Gang
der Menschheitsgeschichte von Liebe bestimmt sei. Das Opernhaus Scala würdigte der
Papst als „musikalischen und kulturellen Referenzpunkt“ für die ganze Welt. Die Rekonstruktion
des Opernhauses nach Kriegsende wertete er als „Zeichen der Hoffnung zur Wiederaufnahme
des Lebens der ganzen Stadt“ nach den Schrecken des Krieges.