Benedikt XVI.: „Für eine Politik im Sinne des Gemeinwohls“
Politik muss im Sinne
des Gemeinwohls arbeiten, und vor allem die Familie muss ihr am Herzen liegen. Das
hat Papst Benedikt XVI. am Samstagnachmittag im Erzbischöflichen Palast vor Politikern
betont. Am Beispiel des Mailänder Bischofs und Kirchenvaters Ambrosius, den Benedikt
XVI. als „ausgewogenen, weisen und würdigen“ Herrscher beschrieb, erinnerte der Papst
an Prinzipien der Politik, die auch heute notwendig seien: Demut, will heißen Bewusstsein
um die Beschränktheit der menschlichen Macht, sowie den Schutz von Gemeinwohl und
Gerechtigkeit. Der Papst erinnerte hier an eine Grundaufgabe des laizistischen Staates:
„Die
Freiheit zu garantieren, damit alle ihre Sicht vom gemeinschaftlichen Leben einbringen
können, immer aber im Respekt des anderen und im Rahmen der Gesetze, die auf das Wohl
aller zielen.“
An seine Rede im Deutschen Bundestag anknüpfend erinnerte
der Papst an die notwendige Grundlegung des Staates aus dem Naturrecht, das „Grundlage
einer der menschlichen Würde angemessen Ordnung“ sei und das eine bloß positivistische,
ethikfreie Konzeption überwinde. Frei könnte man hier den Papst übersetzen: Ein Staat
ohne ethische Orientierung ist kalte Struktur, die letztlich nicht dem Menschen und
dem Gemeinwohl dient. In dem Augenblick, wo Staat und Kirche sich – laut Benedikt
XVI. berechtigterweise – trennen, müssen Werte und Ethik Grundlage des Staates bleiben.
Aus den verschiedenen Lebensbereichen, die der Staat fördern und schützen muss, griff
der Papst die Familie heraus: Besonderes Augenmerk müssten Gesetzgebung und Institutionen
auf den Schutz dieses gesellschaftlichen Nukleus legen. Der Staat ist dazu aufgerufen,
die eigene Identität der Familie anzuerkennen,
„die auf die Ehe gegründet
und dem Leben gegenüber offen ist. Weiter muss er das erste Recht der Eltern zur freien
Erziehung und Ausbildung der Kinder anerkennen, entsprechend dem Erziehungsplan, der
den Eltern gültig und sachdienlich erscheint. Man tut der Familie keine Gerechtigkeit,
wenn der Staat nicht die Freiheit der Erziehung zum Gemeinwohl der ganzen Gesellschaft
unterstützt.“
Hier sei die Zusammenarbeit mit der Kirche fruchtbar, betonte
der Papst. Freilich nicht, um Zweck und Rolle der zivilen und kirchlichen Autoritäten
zu vermischen, sondern wegen des geleisteten und fortdauernden Einsatzes der Kirche
für die Gesellschaft, der sich in der kirchlichen Erfahrung, Lehre, Tradition und
ihren Institutionen und Werken niederschlage, präzisierte Benedikt XVI.. Konkret ging
er hier auf die karitativen, bildenden und kulturellen Initiativen der Kirche in der
Lombardei ein und unterstrich die große Bedeutung des Ehrenamtes in Zeiten der Krise:
„Die
Zeit der Krise, die wir erleben, braucht – über mutige technisch-politische Maßnahmen
hinausgehend – Uneigennützigkeit.“
Eine Politik im Sinne des Gemeinwohls
ist „grundlegend geadelt“; sie wird zu einer „erhabenen Form der Barmherzigkeit“,
fügte der Papst an. (rv 02.06.2012 pr)