2012-05-31 12:57:20

Papua-Neuguinea: Kirche mahnt vor Wahlen Menschenrechte an


RealAudioMP3 Die katholische Kirche in Papua-Neuguinea mahnt angesichts der anstehenden Parlamentswahlen die Einhaltung von Menschenrechten und demokratischen Grundsätzen an. Das sagte der Bischof der Erzdiözese Mount Hagen, Douglas Young, im Gespräch mit der österreichischen Nachrichtenagentur Kathpress. Papua-Neuguinea wird derzeit von einer politischen Krise geschüttelt. Nach gewaltsamen politischen Auseinandersetzungen und einem gescheiterten - unblutigen - Putschversuch Anfang des Jahres sollen in dem Inselstaat Ende Juni Parlamentswahlen stattfinden.

Die 6,6 Millionen Einwohner des Landes haben seit einer Parlamentsrevolte im vergangenen Sommer mit Peter O'Neill einen neuen Regierungschef. O'Neill löste den langjährigen Premierminister Sir Michael Somare ab, weil dieser monatelang im Ausland im Krankenhaus lag. Als Somare im Koma lag, kündigte sein Sohn den Rückzug des Vaters aus der Politik an. Somare erholte sich aber und verlangte sein Amt zurück. Das oberste Gericht nannte seine Absetzung zwar illegal, doch blieb O'Neill im Amt. Die Wahlen sollen nun wieder klare Verhältnisse schaffen, hofft Bischof Douglas Young.

Als großes Hindernis für die Etablierung einer stabilen Demokratie nach westlichem Muster nannte der Bischof im „Kathpress“-Gespräch das nach wie vor dominierende Clan-System im Land. Die Menschen würden in der Regel nur Kandidaten ihres eigenen Clans wählen, auch wenn sie wüssten, dass andere Kandidaten besser geeignet sind. Andererseits würden Politiker sich oft auch nur für ihren eigenen Clan - wenn überhaupt - einsetzen. Erzbischof Young erläuterte auch das auf dem Clan-Denken basierende „Wantok“-System. Dieses System regle den sozialen Zusammenhalt innerhalb des eigenen Clans und bildet oftmals das einzige funktionierende soziale Netz im Land. Solidarität gegenüber Angehörigen anderer Clans kenne das System hingegen kaum. „Das Nebeneinander des traditionellen 'Wantok'-Systems und moderner Staatlichkeit scheint leider ein besonders guter Nährboden für Korruption zu sein“, so Young wörtlich.

Korruption, Gewalt und Kriminalität sind nach den Worten des Erzbischofs auch die größten Probleme des Landes. So habe auch der Wahlkampf schon ein Todesopfer gefordert. Die katholische Kirche mische sich insofern massiv in den Wahlkampf ein, als sie auf Gewaltfreiheit dränge. Zugleich sei man in der konkreten politischen Auseinandersetzung strikt neutral. So dürfe es für politische Kandidaten keinerlei kirchliche Unterstützung welcher Art auch immer geben, unterstrich Young.

Der Erzbischof räumte ein, dass Korruption nicht nur in Politik und Wirtschaft gang und gäbe sei, sondern in manchen Bereichen auch in der Kirche Einzug gehalten habe. Vielfach fehle in der Bevölkerung diesbezüglich auch jedes Unrechtsbewusstsein. Umso notwendiger sei es, dagegen unbeirrt anzukämpfen. Das gelte für das immense Gewaltproblem. Konflikte zwischen den Clans im Hochland wurden traditionell gewaltsam gelöst, viele Stämme befanden im Zustand des Dauerkriegs, so der Erzbischof. Die ritualisierten Kämpfe mit einfachen Waffen wurden in jüngster Vergangenheit immer öfter mit modernen Waffen ausgetragen. Polizei und Gerichtsbarkeit seien in der jungen Demokratie noch nicht in der Lage, hier eine tragende Rolle zu spielen. Der Erzbischof entwickelte dafür ein eigenes Programm zur Konfliktlösung, mit dem bereits erste Erfolge erzielt werden können. Kirchliche Mitarbeiter würden entsprechende Trainings in den Dörfern abhalten. Oftmals gelinge es so, etwa durch Kompensationszahlungen den Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt zu durchbrechen.

Hohe Arbeitslosigkeit und Kriminalität, Abwanderung in die Städte, Prostitution und Drogenkonsum sind neben einer grassierenden Aids/HIV-Epidemie die sozialen Hauptprobleme des Landes. Gerade auch in letzterem Bereich versuche die Kirche staatliche Defizite auszugleichen, so der Erzbischof. Die Palette der Aktivitäten reiche von Informationsveranstaltungen über Aids bis zur konkreten Unterstützung von Aids-Waisen. Dabei gebe es zum einen durchaus Fortschritte, sagte Young. Die Bevölkerung wisse inzwischen um Ursachen und Gefahren von Aids. Die Stigmatisierung der Erkrankten gehe zurück, und medizinische Hilfe laufe an. Zugleich müsse man aber nüchtern festhalten, dass die Infektionsrate noch nicht zurückgegangen sei. Eine Verhaltensänderung sei innerhalb der Bevölkerung noch kaum feststellbar.

Douglas Young ist Bischof einer äußerst „jungen“ Kirche. Die ersten Missionare kamen erst im 19. Jahrhundert ins Land, viele abgelegene Regionen erreichten sie erst um die Mitte des 20. Jahrhunderts. Vor allem die Steyler Missionare, zu denen auch Young gehört, bemühten sich um Papua-Neuguinea. Youngs Bischofssitz Mount Hagen ist mit knapp 40.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt des Inselstaates und liegt im Binnenlandgebirge in der Nähe des 4509 Meter hohen Mount Wilhelm.

Rund 30 Prozent der Einwohner Papua-Neuguineas sind Katholiken, etwa 60 Prozent gehören anderen christlichen Konfessionen an. Die Gesamtbevölkerung im Bereich der Erzdiözese Mount Hagen beläuft sich auf rund 500.000 Menschen, 90 Prozent davon sind - wie im Landesdurchschnitt - Christen. Seine Diözese biete, wie das gesamte Land, ein buntes Spektrum an christlichen Konfessionen. Neben der katholischen Kirche stark vertreten sind auch Lutheraner, Anglikaner und zahlreiche Freikirchen. Besonders enge Beziehungen gebe es zur anglikanischen Kirche, so Young.

Rund 850 verschiedene Sprachen - nicht bloß Dialekte - werden in Neuguinea gesprochen, teils so unterschiedlich wie Englisch und Chinesisch, berichtete Erzbischof Young. Noch gebe es zu wenige Bibelübersetzungen in die jeweiligen lokalen Sprachen. Dabei sei gerade für die tiefe Annahme und Verinnerlichung des Glaubens die Verwendung der Muttersprache so notwendig, betonte Young. Hier sieht der Erzbischof noch große Herausforderungen für die Kirche seines Landes. Young wies jedoch auf das Phänomen hin, dass die Gläubigen, die die Umgangssprache Pidgin-Englisch oder gar Englisch beherrschen, die Heilige Schrift lieber in dieser Sprache lesen, weil deren soziales Image besser sei.

Sorgen um den Priesternachwuchs hat Young keine. Jedes Jahr gebe es in seiner Diözese ein oder zwei Neupriester. Knapp 25 junge Männer würden sich im Priesterseminar auf die Weihe vorbereiten. Für die Pfarrseelsorge sei das ausreichend. Rund die Hälfte des Klerus stamme noch aus dem Ausland, die Zahl der einheimischen Priester nehme ständig leicht zu. Eine bedeutende Aufgabe komme zudem den Laien zu, die wesentliche Bereiche des kirchlichen Lebens trügen. Young verweist unter anderem auf die Jugend- und Familienpastoral. Gut ausgebildete Laien seien etwa auch aus der Leitung von Begräbnissen oder Wortgottesdiensten nicht mehr wegzudenken.

Der gebürtige Australier Young ist in Europa, um am Ad-Limina Besuch der Bischöfe Neuguineas im Vatikan teilzunehmen. Eine Besonderheit dieses Besuchs: Aufgrund der engen Beziehungen der katholischen Kirche zur anglikanischen Kirche in Papua-Neuguinea wird auch ein anglikanischer Bischof als Gast zur Bischofsdelegation gehören.

(kap 31.05.2012 sk)








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