Papua-Neuguinea: Kirche mahnt vor Wahlen Menschenrechte an
Die katholische Kirche
in Papua-Neuguinea mahnt angesichts der anstehenden Parlamentswahlen die Einhaltung
von Menschenrechten und demokratischen Grundsätzen an. Das sagte der Bischof der Erzdiözese
Mount Hagen, Douglas Young, im Gespräch mit der österreichischen Nachrichtenagentur
Kathpress. Papua-Neuguinea wird derzeit von einer politischen Krise geschüttelt. Nach
gewaltsamen politischen Auseinandersetzungen und einem gescheiterten - unblutigen
- Putschversuch Anfang des Jahres sollen in dem Inselstaat Ende Juni Parlamentswahlen
stattfinden.
Die 6,6 Millionen Einwohner des Landes haben seit einer Parlamentsrevolte
im vergangenen Sommer mit Peter O'Neill einen neuen Regierungschef. O'Neill löste
den langjährigen Premierminister Sir Michael Somare ab, weil dieser monatelang im
Ausland im Krankenhaus lag. Als Somare im Koma lag, kündigte sein Sohn den Rückzug
des Vaters aus der Politik an. Somare erholte sich aber und verlangte sein Amt zurück.
Das oberste Gericht nannte seine Absetzung zwar illegal, doch blieb O'Neill im Amt.
Die Wahlen sollen nun wieder klare Verhältnisse schaffen, hofft Bischof Douglas Young.
Als
großes Hindernis für die Etablierung einer stabilen Demokratie nach westlichem Muster
nannte der Bischof im „Kathpress“-Gespräch das nach wie vor dominierende Clan-System
im Land. Die Menschen würden in der Regel nur Kandidaten ihres eigenen Clans wählen,
auch wenn sie wüssten, dass andere Kandidaten besser geeignet sind. Andererseits würden
Politiker sich oft auch nur für ihren eigenen Clan - wenn überhaupt - einsetzen. Erzbischof
Young erläuterte auch das auf dem Clan-Denken basierende „Wantok“-System. Dieses System
regle den sozialen Zusammenhalt innerhalb des eigenen Clans und bildet oftmals das
einzige funktionierende soziale Netz im Land. Solidarität gegenüber Angehörigen anderer
Clans kenne das System hingegen kaum. „Das Nebeneinander des traditionellen 'Wantok'-Systems
und moderner Staatlichkeit scheint leider ein besonders guter Nährboden für Korruption
zu sein“, so Young wörtlich.
Korruption, Gewalt und Kriminalität sind nach
den Worten des Erzbischofs auch die größten Probleme des Landes. So habe auch der
Wahlkampf schon ein Todesopfer gefordert. Die katholische Kirche mische sich insofern
massiv in den Wahlkampf ein, als sie auf Gewaltfreiheit dränge. Zugleich sei man in
der konkreten politischen Auseinandersetzung strikt neutral. So dürfe es für politische
Kandidaten keinerlei kirchliche Unterstützung welcher Art auch immer geben, unterstrich
Young.
Der Erzbischof räumte ein, dass Korruption nicht nur in Politik und
Wirtschaft gang und gäbe sei, sondern in manchen Bereichen auch in der Kirche Einzug
gehalten habe. Vielfach fehle in der Bevölkerung diesbezüglich auch jedes Unrechtsbewusstsein.
Umso notwendiger sei es, dagegen unbeirrt anzukämpfen. Das gelte für das immense Gewaltproblem.
Konflikte zwischen den Clans im Hochland wurden traditionell gewaltsam gelöst, viele
Stämme befanden im Zustand des Dauerkriegs, so der Erzbischof. Die ritualisierten
Kämpfe mit einfachen Waffen wurden in jüngster Vergangenheit immer öfter mit modernen
Waffen ausgetragen. Polizei und Gerichtsbarkeit seien in der jungen Demokratie noch
nicht in der Lage, hier eine tragende Rolle zu spielen. Der Erzbischof entwickelte
dafür ein eigenes Programm zur Konfliktlösung, mit dem bereits erste Erfolge erzielt
werden können. Kirchliche Mitarbeiter würden entsprechende Trainings in den Dörfern
abhalten. Oftmals gelinge es so, etwa durch Kompensationszahlungen den Kreislauf von
Gewalt und Gegengewalt zu durchbrechen.
Hohe Arbeitslosigkeit und Kriminalität,
Abwanderung in die Städte, Prostitution und Drogenkonsum sind neben einer grassierenden
Aids/HIV-Epidemie die sozialen Hauptprobleme des Landes. Gerade auch in letzterem
Bereich versuche die Kirche staatliche Defizite auszugleichen, so der Erzbischof.
Die Palette der Aktivitäten reiche von Informationsveranstaltungen über Aids bis zur
konkreten Unterstützung von Aids-Waisen. Dabei gebe es zum einen durchaus Fortschritte,
sagte Young. Die Bevölkerung wisse inzwischen um Ursachen und Gefahren von Aids. Die
Stigmatisierung der Erkrankten gehe zurück, und medizinische Hilfe laufe an. Zugleich
müsse man aber nüchtern festhalten, dass die Infektionsrate noch nicht zurückgegangen
sei. Eine Verhaltensänderung sei innerhalb der Bevölkerung noch kaum feststellbar.
Douglas Young ist Bischof einer äußerst „jungen“ Kirche. Die ersten Missionare
kamen erst im 19. Jahrhundert ins Land, viele abgelegene Regionen erreichten sie erst
um die Mitte des 20. Jahrhunderts. Vor allem die Steyler Missionare, zu denen auch
Young gehört, bemühten sich um Papua-Neuguinea. Youngs Bischofssitz Mount Hagen ist
mit knapp 40.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt des Inselstaates und liegt im Binnenlandgebirge
in der Nähe des 4509 Meter hohen Mount Wilhelm.
Rund 30 Prozent der Einwohner
Papua-Neuguineas sind Katholiken, etwa 60 Prozent gehören anderen christlichen Konfessionen
an. Die Gesamtbevölkerung im Bereich der Erzdiözese Mount Hagen beläuft sich auf rund
500.000 Menschen, 90 Prozent davon sind - wie im Landesdurchschnitt - Christen. Seine
Diözese biete, wie das gesamte Land, ein buntes Spektrum an christlichen Konfessionen.
Neben der katholischen Kirche stark vertreten sind auch Lutheraner, Anglikaner und
zahlreiche Freikirchen. Besonders enge Beziehungen gebe es zur anglikanischen Kirche,
so Young.
Rund 850 verschiedene Sprachen - nicht bloß Dialekte - werden in
Neuguinea gesprochen, teils so unterschiedlich wie Englisch und Chinesisch, berichtete
Erzbischof Young. Noch gebe es zu wenige Bibelübersetzungen in die jeweiligen lokalen
Sprachen. Dabei sei gerade für die tiefe Annahme und Verinnerlichung des Glaubens
die Verwendung der Muttersprache so notwendig, betonte Young. Hier sieht der Erzbischof
noch große Herausforderungen für die Kirche seines Landes. Young wies jedoch auf das
Phänomen hin, dass die Gläubigen, die die Umgangssprache Pidgin-Englisch oder gar
Englisch beherrschen, die Heilige Schrift lieber in dieser Sprache lesen, weil deren
soziales Image besser sei.
Sorgen um den Priesternachwuchs hat Young keine.
Jedes Jahr gebe es in seiner Diözese ein oder zwei Neupriester. Knapp 25 junge Männer
würden sich im Priesterseminar auf die Weihe vorbereiten. Für die Pfarrseelsorge sei
das ausreichend. Rund die Hälfte des Klerus stamme noch aus dem Ausland, die Zahl
der einheimischen Priester nehme ständig leicht zu. Eine bedeutende Aufgabe komme
zudem den Laien zu, die wesentliche Bereiche des kirchlichen Lebens trügen. Young
verweist unter anderem auf die Jugend- und Familienpastoral. Gut ausgebildete Laien
seien etwa auch aus der Leitung von Begräbnissen oder Wortgottesdiensten nicht mehr
wegzudenken.
Der gebürtige Australier Young ist in Europa, um am Ad-Limina
Besuch der Bischöfe Neuguineas im Vatikan teilzunehmen. Eine Besonderheit dieses Besuchs:
Aufgrund der engen Beziehungen der katholischen Kirche zur anglikanischen Kirche in
Papua-Neuguinea wird auch ein anglikanischer Bischof als Gast zur Bischofsdelegation
gehören.