Zu einer besonderen interreligiösen Geste ist es Pfingstsonntag in Wien gekommen:
Der Dalai Lama hat im Wiener Stephansdom am Festgottesdienst teilgenommen, der von
Kardinal Christoph Schönborn zelebriert wurde. Zuvor hatte der Wiener Erzbischof das
geistliche Oberhaupt des tibetischen Buddhismus durch die Kathedrale geführt. Dabei
habe der Dalai Lama den Wunsch geäußert, zumindest dem ersten Teil des Gottesdienstes
beiwohnen zu können, berichtet die Nachrichtenagentur kathpress. Kardinal Schönborn
begrüßte zu Beginn des Gottesdienstes den Dalai Lama „im Herzen unseres Landes und
der Kirche dieses Landes". Der Dalai Lama habe ihn gebeten, den Stephansdom als Pilger
aufsuchen zu können - so wie er auch die Marienheiligtümer Lourdes und Fatima und
Rom als Pilger besucht habe. Wer tief verwurzelt im eigenen Glauben ist, der könne
auch dem Glauben anderer tiefen Respekt entgegenbringen, hob der Wiener Erzbischof
hervor.
Bei der Führung durch den Stephansdom legte der Dalai Lama am Fuß der
großen Kreuzfigur in der Barbarakapelle einen tibetischen Gebetsschal nieder. In der
Barbarakapelle, einer Seitenkapelle des Doms, in der u.a. das Bronzerelief der 1998
seliggesprochenen Ordensfrau und NS-Märtyrerin Sr. Restituta Kafka zu sehen, das der
Wiener Bildhauer Alfred Hrdlicka geschaffen hat. Das gemeinsame kurze stille Verweilen
vor dem Kreuz in der Kapelle habe auch den Opfern des Nationalsozialismus gegolten,
so der Wiener Erzbischof. Die Barbarakapelle des Stephansdoms ist seit 1983 auch ein
Ort der Erinnerung an die Leiden der Opfer des nationalsozialistischen Regimes. Zu
Füßen des spätgotischen Kruzifixes der Kapelle wurde beim Papstbesuch 1983 eine Kapsel
mit Asche aus dem KZ Auschwitz eingefügt. (kap 27.06.2012 gs)