2012-05-24 14:51:39

Ägypten: Zweiter Wahltag


Auch an diesem Donnerstag sind noch die Wahllokale offen bei der ersten freien Präsidentenwahl, die es in der ägyptischen Geschichte jemals gegeben hat. Über fünfzig Millionen Ägypter können ihre Stimme für einen von zwölf Kandidaten abgeben; die Stichwahl ist für Juni angesetzt. Ministerpräsident Kamal el-Ganzuri spricht jetzt schon von einer „beispiellosen Wahlbeteiligung“. Am Mittwoch mussten wegen des großen Andrangs viele Stimmlokale länger als vorgesehen geöffnet bleiben. Als Favoriten unter den säkularen Bewerbern gelten der ehemalige ägyptische Außenminister Amre Mussa und Ex-Ministerpräsident Ahmed Schafik. Ebenfalls gute Chancen werden dem von den Salafisten unterstützten Abdel Moneim Abdul Futuh sowie dem Muslimbruder Mohammed Mursi eingeräumt. Nach letzten Umfragen wird jedoch kein Kandidat auf Anhieb die absolute Mehrheit erreichen.

Der koptisch-katholische Weihbischof von Alexandria, Botros Fahim Awad Hanna, spricht von einem „historischen Moment“. „In früheren Zeiten waren Präsidentenwahlen eine Formalität, sie wurden von außen gesteuert“, so der Bischof zur Nachrichtenagentur der italienischen Bischofskonferenz. „Diesmal kann das Volk wirklich im Geheimen seine Wahl treffen. Ich glaube, das ist eine greifbare Frucht der Revolution vom Tahrir-Platz.“ Allerdings seien die Ägypter „noch nicht an die Demokratie gewöhnt, darum sind die Leute weiterhin besorgt“. Vor allem bei den Angehörigen von Minderheiten sei „Angst spürbar, dass die Islamisten alle Machthebel in Ägypten besetzen könnten“. Er hoffe auch sehr, „dass es keine Probleme beim Übergang von der Macht auf den Präsidenten geben wird“. Allerdings wüssten die Militärs sehr genau, „dass eine eventuelle Machtübernahme der Muslimbrüder sie – die Militärs – an den Rand drängen würde“. Noch komplizierter werde die Lage Ägyptens dadurch, dass es noch keine endgültige Verfassung gebe. Vom neuen Präsidenten werde viel abhängen, so Bischof Hanna: „Aber am meisten interessiert uns eine künftige Verfassung, in der Freiheit, Menschenrechte und Gleichheit aller Bürger garantiert werden müssten.“

(sir/rv 24.05.2012 sk)







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