Um das Gebet drehen
sich schon seit einigen Monaten die Katechesen von Papst Benedikt bei seiner Generalaudienz
– und an diesem Mittwoch sah er auf das Thema durch die Brille des heiligen Paulus.
„Für Paulus ist es der Heilige Geist, der große Lehrer des Gebets, der
uns unterweist, Gott als unseren liebevollen Vater, als „Abba“, anzurufen, wie es
Kinder bei ihrem leiblichen Vater tun. In zwei Briefen geht er auf diesen Geist der
Kindschaft ein, der uns als Getauften gegeben ist.“
Der erste dieser Paulusbriefe,
auf die sich Papst Benedikt bezieht, ist der Galaterbrief. Darin schreibt der Völkerapostel:
„Weil ihr aber Söhne seid, sandte Gott den Geist seines Sohnes in unser Herz, den
Geist, der ruft: Abba, Vater“ (4,6).“
„Während es hier der Geist ist, der
ruft, sind es im Römerbrief wir, die zum Vater sagen: Abba, Vater. „Ihr habt den Geist
empfangen, der euch zu Söhnen macht, den Geist, in dem wir rufen: Abba, Vater!“ (8,15).
Unser Beten geht also nicht nur in einer Richtung von uns zu Gott, sondern doppelseitig:
Gott ergreift in uns die Initiative, und wir könnten gar nicht zu beten beginnen,
wenn nicht sozusagen die Initiative Gottes im Menschen einfach vorhanden und eingeschrieben
wäre und durch die Taufe neu und stärker geworden wäre.“
Wir sind nicht
Macher, sondern Empfangende – es ist Gott, der die Initiative ergreift. Das ist ein
Thema, das dem Papst besonders am Herzen liegt. „Nur der Mensch, der sich beschenken
läßt, kann zu sich selber kommen“, schrieb er als Theologe Joseph Ratzinger in seiner
„Einführung in das Christentum“ (München 2006. S. 244). Und das gilt auch beim Thema
Gebet:
„Es ist also der Heilige Geist, der uns ruft, unseren Verstand und
unser Herz zu öffnen, damit wir überhaupt gewahr werden, dass es Gott gibt, und anfangen
können, uns auf ihn auszustrecken. Das Gebet Jesu wird damit unser Gebet; wir können
wirklich als Söhne beten!“
Als Söhne zu Gott sprechen, so wie Jesus das
tat, heißt für den Papst aber auch: in derselben Haltung beten wie Jesus, Sohn sein
wie er und für andere dasein wie er.
„Der Heilige Geist, Geist Christi,
führt uns in eine Liebesbeziehung mit dem Vater. In ihr werden unsere Wünsche und
Haltungen gereinigt sowie Verschlossenheit, Selbstgenügsamkeit und Egoismus, die für
den Menschen charakteristisch sind, überwunden und aufgelöst. Und dazu dient das Beten,
dass immer wieder diese Verschlossenheit aufgerissen wird; indem wir auf Gott hin
offen werden, werden wir aufeinander hin offen.“
Offenwerden für Gott heißt
Offenwerden für die anderen: Diese Gleichung machte der Papst an diesem Mittwoch auf.
Wer betet, ist daher nicht allein.
„Das Beten ist daher auch nie bloß etwas
Individuelles - auch wenn ich im stillen Kämmerlein bete, ist durch das Beten die
ganze lebendige Gemeinschaft der Glaubenden mit mir, beten wir immer miteinander,
und von ihr lernen wir überhaupt das Beten. Wir nehmen im Beten teil an der großen
Symphonie der Beter überall auf der Erde, die ihr Lob zu Gott erheben. Während unseres
ganzen Lebens wollen wir versuchen, dieses Offensein für Gott und damit dieses Mitsein
mit allen, die auf Gott hinschauen und von ihm leben wollen, zu lernen und so wahrhaft
und in der Tiefe unseres Herzens und in der Höhe unseres Seins sagen zu können: „Abba,
Vater!“... Öffnen wir unser Gebet dem Wirken des Heiligen Geistes, damit es uns wirklich
umwandle und damit sichtbar werde, was Christsein heißt. Der Herr segne euch alle!“