2012-05-22 14:38:31

Norwegen: Staat-Kirchen-Trennung ist entschieden


RealAudioMP3 Mehr Autonomie und Gleichstellung erhofft sich die katholische Diaspora-Kirche in Norwegen von der Trennung von Kirche und Staat in ihrem Land. Nach fast 40-jähriger Debatte haben sich am Montag alle Parteien im Parlament auf den Schritt geeinigt. Die neue Regelung sieht unter anderem vor, dass anstelle des Staates künftig die norwegische Kirche Bischöfe und Pröpste ernennen kann. Der Staat ist nicht mehr „konfessionsgebunden“; der Status des lutherischen Bekenntnisses als „öffentliche Religion“ wird abgeschafft. Auch die Kirchensteuer in ihrer heutigen Form soll fallen. Pater Arne Marco Kirsebom, katholischer Pfarrer in Oslo, sieht den Schritt in eine „moderne Zukunft“ des norwegischen Glaubenslebens getan. Er sagte im Gespräch mit dem Domradio Köln:

„Ich denke, auf Dauer wird das den positiven Effekt haben, dass alle Religionen und Kirchen in Norwegen mehr gleichgestellt werden, dass keine Kirche eine Art Vorteil hat und dass der Staat religionsunabhängiger wird. Es gab ja schon lange den Wunsch, mehr Freiheit für die Kirche zu bekommen – es ist hauptsächlich ein positiver Schritt in die Zukunft. Und mein Eindruck ist, wenn ich mit die Nachrichten und Reaktionen ansehe, dass dieser Schritt überwiegend geschätzt wird.“

Als Zeichen für die Gleichberechtigung aller Glaubensgemeinschaften interpretiert das neue Gesetz auch der norwegische Kirchenrat. „Wir wollten diese Änderungen, denn wir leben in einer vielfältigen Gesellschaft, und viele Einwohner dieses Landes sind keine Kirchenmitglieder“, sagte dazu Trude Evenshaug, Sprecherin des Kirchenrats, im norwegischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Rund 85 Prozent der norwegischen Bevölkerung ist protestantisch, nur zwei Prozent sind Katholiken. Welche Auswirkungen wird die Entscheidung insbesondere auf die katholische Kirche haben? Dazu Pfarrer Kirsebom:

„Zunächst einmal wird sie völlig abhängig bleiben, sie hat ja keinen eigenen, ausreichenden Einkünfte, um unabhängig sein zu können. Das heißt, dass die Kirche weiterhin über den Jahreshaushalt gefördert wird. Heute ist es ja so, dass jede andere Kirche und auch jede andere Religion außerhalb der Staatskirche nach einem Verteilerschlüssel Geld pro Kopf bekommt, eine Art ,Kopfpauschale‘. Ich denke, dass das zunächst einmal so bleibt. Aber es kann ja gut sein, wenn die wirtschaftlichen Strukturen sich ändern zwischen Kirche und Staat oder der Staatskirche, dass das auch für uns eine Veränderung bedeuten wird – ob das ein mehr oder weniger heißen wird, ist im Moment noch völlig unklar.“

Laut dem Leiter des Kirchenrats der norwegischen Kirche, Jens-Petter Johnsen, ermöglicht die künftige Rechtslage der Kirche, sich eigenständig zu entwickeln: „Das ist das Beste sowohl für den Staat als auch für die Kirche und die Bevölkerung“, so Johnsen. Der Staat könne sich international mit mehr Glaubwürdigkeit für Menschenrechte einsetzen, und die Kirche erhalte mehr Raum für ihre eigenen Züge. In einer gemeinsamen Mitteilung des parlamentarischen Ausschusses und der Kirche hieß es, was man bislang als „Staatskirche“ gekannt habe, werde zu einer offeneren und demokratischeren Volkskirche. Svein Harberg, Vorsitzender des Ausschusses, sprach von einem „historischen“ Schritt: „Die norwegische Kirche wird damit eine Glaubensgemeinschaft wie andere auch“, sagte er. Für die Gläubigen selbst sind durch das Gesetz keine großen Veränderungen zu erwarten, ist zu hören, auch an der Feiertagsregelung wolle man festhalten.

Die norwegische Kirche ist eine der letzten Staatskirchen; 1537 wurde das Bekenntnis zum evangelisch-lutherischen Glauben zur Staatsreligion. Ähnlich wie bis vor wenigen Jahren in Schweden und Dänemark war in Norwegen der amtierende König auch Oberhaupt der Glaubensgemeinschaft.

(domradio/kna 22.05.2012 pr)








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