Zollitsch auf Katholikentag: „Den ersten Schritt wagen“
Für den Aufbruch „zu einer menschlicheren, gerechteren und friedlicheren Welt“ hat
Erzbischof Robert Zollitsch zum Auftakt des Mannheimer Katholikentages geworben. „Wir
spüren: unser Lebensstil ist nicht zukunftsfähig. So kann es nicht weitergehen.“ Das
sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in einer Predigt beim Eröffnungsgottesdienst
des Katholikentags am Donnerstag. Allein mit dem immer neuen Ruf nach Wirtschaftswachstum
könnten die „Strukturen weltweiter Ungerechtigkeit“ nicht aufgebrochen werden, so
der Freiburger Erzbischof. Wörtlich meinte er: „Wir diskutieren und sagen, was man
ändern sollte. Und doch ist es schwierig, selbst aufzubrechen, den eigenen Lebensstil
zu ändern, damit sich für andere etwas ändert.“
„Den ersten Schritt
wagen“ Um die Zukunft von Kindern und Jugendlichen nicht zu verbauen, sei
es wichtig, einen neuen Aufbruch zu wagen: „Nicht zögerlich zurückschauen und erstarren
in der guten Erinnerung an das, was war, oder in der Angst und Enge vor dem, was kommen
könnte, sondern den ersten Schritt wagen. Die Gegenwart ist die Geburtsstunde der
Zukunft!“ Erzbischof Zollitsch rief die Teilnehmer des Katholikentages dazu auf, in
der Kirche mitzumachen und einander im Glauben zu stärken. Er sagte wörtlich: „Wir
sind das Gesicht der Kirche. Wer, wenn nicht wir, können den Glauben in unserer Gesellschaft,
in unserer Zeit, in unserer Welt bezeugen! Verstecken wir uns nicht aus der Angst
heraus, anderen könnte das nicht gefallen!“
Begonnen hatte der 98. Deutsche
Katholikentag schon am Mittwochabend mit einer Auftaktveranstaltung am Marktplatz
und einem Fest in der Innenstadt. Dabei äußerte der Präsident des Zentralkomitees
der deutschen Katholiken, Alois Glück, die Hoffnung, dass sich die Katholiken in Deutschland
künftig „wieder verstärkt engagieren“. Mit Blick auf den innerkirchlichen Dialogprozess,
für den der Katholikentag eine wichtige Etappe darstellt, meinte Glück: „Wir wollen
den partnerschaftlichen Dialog, nicht die Konfrontation.“ Das Christentreffen steht
unter dem Motto „Einen neuen Aufbruch wagen“. Rund 33.000 Dauerteilnehmer haben sich
angemeldet. Zu den 1.200 Veranstaltungen werden bis Sonntag weitere 30.000 Tagesgäste
erwartet. Auch Bundespräsident Joachim Gauck und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wollen
kommen. An diesem Donnerstag hat der Katholikentag mit seiner inhaltlichen Arbeit
angefangen.
„Alles kaputt“ Der Apostolische Nuntius in Deutschland,
Erzbischof Jean-Claude Périsset, hat zum Auftakt des Katholikentags vor Streit in
der Kirche gewarnt. Ein solcher Unfriede mache „alles kaputt“ und „wäre der Beginn
einer Revolution“. Das sagte Périsset am Mittwochabend im Mannheimer Schloss. Er sprach
bei einem Empfang der Konrad-Adenauer-Stiftung. Périsset erklärte, das Motto des Katholikentags
„Einen neuen Aufbruch wagen“ müsse theologisch verstanden werden. Es müsse ein Aufbruch
im Glauben sein. Hilfreich dabei seien die Reden des Papstes, die er im vergangenen
Jahr in Deutschland gehalten habe, so der Apostolische Nuntius. Er mahnte insbesondere
die Politik, auf Grundlage der katholischen Soziallehre zu wirken. Es sei dringend
notwendig, die päpstlichen Papiere hierzu genauer zu studieren.