Griechenland: „Eurozone bei Austritt nicht gefährdet“
Eine Woche nach der
Parlamentswahl steht fest: Griechenland wird neu wählen. Der griechische Übergangsregierungschef
Panagiotis Pikrammenos stellte am Donnerstag sein Kabinett vor, dass die Geschäfte
während der kommenden Wochen bis zur Wahl am 17. Juni führen wird. Ein Austritt Athens
aus der Eurozone wird nun noch wahrscheinlicher, sagt Stefan Lunte von der Kommission
der Europäischen Bischofskonferenzen ComECE im Interview mit dem Domradio Köln.
„Die
Griechen haben sich mit 60 Prozent der abgegeben Stimmen gegen die Lösung des Memorandums
ausgesprochen, mit dem Griechenland 170 Milliarden zugesichert wurden - gegen Einlösung
des Versprechens, den Staatshaushalt drastisch zu sanieren. Das widerspricht der Tatsache,
dass ebenfalls zwei von drei Griechen Euro-Land bleiben wollen. Beides geht nicht.
Wenn es zu Neuwahlen kommt, spricht Vieles dafür, dass es noch mehr Euro-Gegner geben
wird. Ein Austritt aus der Euro-Zone ist dann sehr wahrscheinlich.“
Entgegen
der Panik, die noch vor zwei Jahren bei Ausbruch der Griechenlandkrise die Medien
beherrscht hat, würde ein Austritt Griechenlands aus der Währungsunion der Gemeinschaft
sicherlich nicht den Todesstoß versetzen:
„Die Eurozone steht heute besser
da als noch vor zwei Jahren, als die Griechenland-Krise ausbrach. Man muss sich aber
dennoch darauf einstellen, dass es Rückwirkungen über das Bankensystem gibt. Das ist
dann wie eine heiße Kartoffel, die weitergereicht wird. Und die hat derjenige in der
Hand, der den Kredit gegeben hat - wenn ein Staat seine Schulden nicht zahlt. Für
einige Banken gibt es dann also sicherlich Schwierigkeiten, auch für einige Länder
wie Spanien. Insgesamt aber würde ein Austritt zum jetzigen Zeitpunkt den Fortbestand
die Euro-Zone nicht gefährden.“
Gefahr drohe bei einem Verlassen der Eurozone
vor allem den Griechen selbst: in der Tat wachsen wegen der politisch unsicheren Lage
die Ängste vor einer massiven Kapitalflucht. Wie die Nachrichtenagentur dpa unter
Berufung auf Bankenkreise berichtet, seien während der dramatischen Verhandlungen
über eine neue Regierung am Montag knapp 900 Millionen Euro abgehoben worden, ähnliche
Summen wurden in den Tagen zuvor abgehoben oder ins Ausland transferiert. Ein Austritt
aus der Eurozone und die Wiedereinführung der Drachme könnte zur Verarmung vieler
Griechen führen:
„Guthaben - so vorhanden - würden in Drachen ausgezahlt,
genau wie alle Leistungen des Staates. Nur würde die Drachme sofort immens an Wert
verlieren, man rechnet mit 30 bis 40 Prozent gegenüber dem Euro. Und das würde tatsächlich
eine Verarmung großer Teile der Bevölkerung bedeuten. Eine noch größere, als sie jetzt
schon stattfindet. Aber so richtig kann man sich das gerade nicht ausmalen.“
Deutschland
selbst würde mit einer eventuellen Zahlungsunfähigkeit des Landes zwar einen Großteil
seiner Kredite nicht zurückbezahlt bekommen. Vor allem auf dem Exportmarkt wären die
Folgen eines Austritts Griechenlands aus der Eurozone aber übersichtlich, so Lunte:
„Zunächst
einmal würde es für deutsche Exporteure bedeuten, dass die Produkte, die man ausführen
möchte, sich erheblich verteuerten, dass andererseits Dinge die man aus Griechenland
importieren möchte, wesentlich billiger werden, was für Touristen natürlich eine Verbilligung
ihrer Griechenlandreise bedeuten würde. Das wären die Konsequenzen, die Auswirkungen
hielten sich vermutlich in Grenzen, da der Anteil des deutschen Außenhandels mit Griechenland
in der Gesamtsumme des deutschen Außenhandels kaum ins Gewicht fällt.“