Erzbischof von Algier: Wenn Christen und Muslime zusammen beten
Können Christen und
Muslime zusammen beten? Vorsicht, ganz heißes Eisen, sagen Dialogexperten sofort auf
eine solche Frage hin. Und tatsächlich machen die Unterschiede zwischen dem christlichen
und dem islamischen Gottesbild ein gemeinsames Gebet zumindest sehr schwierig: Überall
drohen Missverständnisse. Aber der Erzbischof der algerischen Hauptstadt Algier, Abdallah
Bader, glaubt an die Möglichkeit des gemeinsamen Betens. Hinter ihm steht die Erfahrung
einer kleinen Ortskirche, die auch in schwierigster Zeit, während des Bürgerkriegs
in Algerien, an der Seite der muslimischen Freunde ausgeharrt hat.
„Nicht
nur der offizielle Dialog mit großen Konferenzen zu bestimmten Themen bringt etwas.
Es gibt auch den anderen Dialog, der so weit geht, dass man sogar gemeinsam betet:
Das nenne ich den spirituellen Dialog. Natürlich gelingt es einem nicht von einem
Tag auf den anderen, mit dem anderen zu beten; dazu gehört ein ständiger Kontakt mit
diesen Menschen, Gespräche, gemeinsam essen und ausgehen. Am Schluss kann man dann
sagen: Lasst uns zusammen beten... Ich finde das fantastisch!“
Erzbischof
Bader berichtet von mehreren Gebetsinitiativen mit christlichen und muslimischen Teilnehmern.
Sie seien schon aus der Experimentier-Phase heraus:
„Heute sind das gut
organisierte Gruppen, die sich treffen. Aber es gibt auch noch andere Modelle: Wir
halten zusammen eine Konferenz ab, lasst uns doch auch zusammen beten! Ich finde,
ein Dialog, der bis zum gemeinsamen Gebet reicht, ist ein sehr wertvoller Dialog.
Wertvoller, als nur Meetings abzuhalten. Gemeinsam beten heißt: sich gemeinsam vor
Gott stellen. Ich finde das fantastisch und eine sehr wertvolle Erfahrung.“
Das
gemeinsame Gebet mit Muslimen gehört für den Erzbischof von Algier in den umfassenderen
„Dialog des täglichen Zusammenlebens“ mit hinein. Diese Vorstellung stoße zwar auch
bei einigen Katholiken in Algerien auf Bedenken und Widerstände. Aber:
„Ich
finde, wir haben gar keine andere Wahl. Entweder leben wir in einem Ghetto, bleiben
im Kloster, in einer Kapelle oder einem Haus eingeschlossen, oder wir leben wirklich
da, wo wir leben, und nehmen die Herausforderung an, dem anderen zu begegnen! Selbst
wenn er anders ist und meine Überzeugungen, meinen Glauben nicht teilt – das ist doch
eine gute Gelegenheit, ihm zu begegnen. Auch wenn man es nicht darauf anlegt: Ich
stelle doch fest, dass diese Begegnungen den Blick der anderen auf uns verändern.
Viele Journalisten sagen mir nach einem Interview: Ich hatte Sie mir ganz anders vorgestellt,
jetzt sehe ich aber, dass Sie ein offener Mensch sind.“