2012-05-15 13:59:58

Erzbischof von Algier: Wenn Christen und Muslime zusammen beten


RealAudioMP3 Können Christen und Muslime zusammen beten? Vorsicht, ganz heißes Eisen, sagen Dialogexperten sofort auf eine solche Frage hin. Und tatsächlich machen die Unterschiede zwischen dem christlichen und dem islamischen Gottesbild ein gemeinsames Gebet zumindest sehr schwierig: Überall drohen Missverständnisse. Aber der Erzbischof der algerischen Hauptstadt Algier, Abdallah Bader, glaubt an die Möglichkeit des gemeinsamen Betens. Hinter ihm steht die Erfahrung einer kleinen Ortskirche, die auch in schwierigster Zeit, während des Bürgerkriegs in Algerien, an der Seite der muslimischen Freunde ausgeharrt hat.

„Nicht nur der offizielle Dialog mit großen Konferenzen zu bestimmten Themen bringt etwas. Es gibt auch den anderen Dialog, der so weit geht, dass man sogar gemeinsam betet: Das nenne ich den spirituellen Dialog. Natürlich gelingt es einem nicht von einem Tag auf den anderen, mit dem anderen zu beten; dazu gehört ein ständiger Kontakt mit diesen Menschen, Gespräche, gemeinsam essen und ausgehen. Am Schluss kann man dann sagen: Lasst uns zusammen beten... Ich finde das fantastisch!“

Erzbischof Bader berichtet von mehreren Gebetsinitiativen mit christlichen und muslimischen Teilnehmern. Sie seien schon aus der Experimentier-Phase heraus:

„Heute sind das gut organisierte Gruppen, die sich treffen. Aber es gibt auch noch andere Modelle: Wir halten zusammen eine Konferenz ab, lasst uns doch auch zusammen beten! Ich finde, ein Dialog, der bis zum gemeinsamen Gebet reicht, ist ein sehr wertvoller Dialog. Wertvoller, als nur Meetings abzuhalten. Gemeinsam beten heißt: sich gemeinsam vor Gott stellen. Ich finde das fantastisch und eine sehr wertvolle Erfahrung.“

Das gemeinsame Gebet mit Muslimen gehört für den Erzbischof von Algier in den umfassenderen „Dialog des täglichen Zusammenlebens“ mit hinein. Diese Vorstellung stoße zwar auch bei einigen Katholiken in Algerien auf Bedenken und Widerstände. Aber:

„Ich finde, wir haben gar keine andere Wahl. Entweder leben wir in einem Ghetto, bleiben im Kloster, in einer Kapelle oder einem Haus eingeschlossen, oder wir leben wirklich da, wo wir leben, und nehmen die Herausforderung an, dem anderen zu begegnen! Selbst wenn er anders ist und meine Überzeugungen, meinen Glauben nicht teilt – das ist doch eine gute Gelegenheit, ihm zu begegnen. Auch wenn man es nicht darauf anlegt: Ich stelle doch fest, dass diese Begegnungen den Blick der anderen auf uns verändern. Viele Journalisten sagen mir nach einem Interview: Ich hatte Sie mir ganz anders vorgestellt, jetzt sehe ich aber, dass Sie ein offener Mensch sind.“

(rv 15.05.2012 sk)







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