Kardinal Piacenza: Schluss mit einseitigen Blicken auf das Konzil
Kardinal Mauro Piacenza
ruft die katholischen Priester der Weltkirche dazu auf, sich vertieft mit dem II.
Vatikanischen Konzil und dem Katechismus zu beschäftigen. Zum Weltgebetstag für die
Heiligung der Priester am 13. Juni verfasste der Präfekt der vatikanischen Kleruskongregation
einen Brief an die Geistlichen. Darin erinnerte er sie an ihre Verantwortung für die
Neuevangelisierung in einer immer weniger gläubigen Welt, zumal des Westens.
Anders
als in den Zeiten des Konzils ließen sich zwar die bereits evangelisierten Nationen
heute nicht von einem „generellen Atheismus“ versuchen; sie drohten aber dafür Opfer
eines „besonderen Atheismus“ zu werden, der „das Bewusstsein für die Schönheit und
die Wärme der dreifaltigen Offenbarung verloren“ habe, schreibt der Kardinal. Schon
die Konzilsväter hätten damals im Sinn gehabt, sich direkt an die Atheisten zu wenden
und ihnen die „unendliche Würde der Berufung“ zu Gott zu erklären, von der sie sich
entfernt hatten.
Im Gespräch mit Radio Vatikan rief Kardinal Piacenza auch
dazu auf, einseitige Interpretationen des Konzils beiseite zu lassen.
„Dieses
Konzil hatte viele Personen, die es danach im Mund führten, aber wenige, die es gründlich
studiert haben so, wie es ist, und nicht so, wie wir es haben wollten. Man muss also
die Texte des Konzils wieder entdecken, die Worte selbst des Konzils, die im Grund
auf den Knien zu lesen wären, weil sie vom Heiligen Geist inspiriert sind. Ich sage:
das II. Vatikanum soll neuerlich aufgenommen werden als die große Gnade, von der die
Kirche im 20. Jahrhundert Nutzen gezogen hat und immer noch zieht. Und dann muss es
für uns ein sicherer Kompass werden, der uns Orientierung auf dem Weg bietet, so dass
wir uns bei der Neuevangelisierung besser vorbereiten und die Fragen unserer Leute
beantworten können.“
Das Konzil sei auch ein taugliches Instrument bei
der immer nötigen inneren Erneuerung, so Kardinal Piacenza: Die Kirche setze sich
schließlich aus Menschen zusammen, aus Sündern also, und müsse sich deshalb fortwährend
im Heiligen Geist erneuern.
„Die Kirche muss praktisch dauernd die Ohren
aufsperren, um zu hören, was der Heilige Geist sagt. Sie muss versuchen, das Radio
des Weltgeistes leiser zu stellen und stattdessen ein anderes Radio lauter zu stellen,
das nämlich, das aus der Stille kommt, aus dem Heiligen Geist. Ich glaube, man muss
„basta“ sagen zum Verrat am II. Vatikanischen Konzil und die Tür des Gehorsams aufreißen,
des Gehorsams gegenüber den Texten des Konzils und gegenüber allem, was die Päpste
und das authentische Lehramt der Kirche gesagt haben, als sie das Konzil auslegten,
lasen und vorstellten.“
Der Brief Kardinal Piacenzas an die Priester ist
– vorerst ausschließlich auf Italienisch - auf der Seite der Kleruskongregation herunterzuladen:
clerus.org. Der Anhang des Briefes bietet Vorschläge zur Vertiefung des Themas der
Heiligung der Priester; unter anderem sind Schriftstellen vertreten sowie kurze geistliche
Texte von Heiligen wie Katherina von Siena, Theresa von Lisieux, Edith Stein, Faustina
Kowalska und Charles de Foucauld. In einer abschließenden Gewissenserforschung für
Priester in 20 Punkten werden die Geistlichen u.a. dazu aufgefordert, über das Zentrum
ihrer Berufung, den Zölibat und die würdige Feier der Liturgie nachzudenken.