Relativismus schwächt
die Gedanken und gefährdet ethische Überzeugungen. Das hat Benedikt XVI. an diesem
Donnerstagvormittag bei einem Besuch in der römischen Gemelli-Klinik betont. Angesichts
teilweise „ungeheuerlicher Entwicklungen“ in der Wissenschaft dürfe die ethische Perspektive
nicht verstellt werden, warnte der Papst bei seiner Visite in der Medizinischen Fakultät
der katholischen Universität Sacro Cuore in Rom. In der an den Komplex angeschlossenen
Gemelli-Klinik ließ sich Papst Johannes Paul II. mehrfach behandeln. Anlass des Besuches
von Benedikt XVI. war die Gründung der renommierten Fakultät vor 50 Jahren durch den
Arzt und Franziskaner Agostino Gemelli.
In seiner Ansprache wandte sich
Benedikt XVI. gegen eine allein am wirtschaftlichen Nutzen orientierte Wissenschaft.
Den anwesenden Ärzten, Studenten und dem Pflegepersonal legte er ans Herz:
„Die
Forschung muss stets ohne Einschränkungen dem Leben dienen. Eine katholische Fakultät
ist diesem Ziel in besonderer Weise verpflichtet. Wir leben in einer Zeit, in der
die experimentelle Wissenschaft den Blick auf die Welt und auf den Menschen sehr stark
prägt und verändert hat. Die vielen Entdeckungen und die innovativen Technologien
sind Gründe, um stolz zu sein, doch oft gibt es auch ungeheuerliche Entwicklungen.“
Anlass für die Äußerungen des Papstes war ein Fakultätstag unter dem Titel
„Ein Leben für die Forschung, die Forschung für das Leben“.
„Der heutige
Mensch hat zahlreiche Hilfsmittel zur Verfügung. Doch das bedeutet nicht, dass er
zahlreiche Zwecke verfolgen muss. Deshalb leben viele unter dem Druck des Relativismus,
der dazu führt, dass der Mensch seinen wahren Horizont aus den Augen verliert. Das
hat dann zur Folge, dass die grundlegende Frage nach dem Lebenssinn und der transzendentalen
Dimension unbedeutend werden.“
Der christliche Glaube sei hingegen ein
Standbein für Ethik und Werte. Darüber hinaus gehöre das Christentum zur Wurzel Europas
und habe dem Kontinent Kultur und Wohlstand verliehen, erinnerte der Papst abschließend.
Begrüßt
wurde der Papst von Kardinal Angelo Scola. In dessen Bistumsstadt Mailand befindet
sich der Hauptsitz der katholischen Universität Sacro Cuore. Übrigens: In der angeschlossenen
Gemelli-Klinik war Benedikt XVI. seit Pontifikatsbeginn bislang vier Mal, allerdings
nicht als Patient. Im Sommer 2005 besuchte er dort seinen Bruder Georg Ratzinger am
Krankenbett, als diesem ein Herzschrittmacher eingesetzt wurde. Im November 2005 eröffnete
der Papst das Akademische Jahr der Universität. Im Januar 2010 besuchte Benedikt XVI.
den französischen Kardinal Roger Etchegaray in der Gemelli-Klinik. Dieser war während
der Christmette im Petersdom gestürzt und hatte sich einen Beckenbruch zugezogen,
als eine junge Schweizerin die Absperrungen überwand und auf den Papst zustürmte.
Zuletzt verteilte Benedikt XVI. im Januar 2012 auf der Kinderstation Geschenke an
kleine Patienten.