D/Ukraine: „EM nutzen, um auf Ungerechtigkeiten hinzuweisen“
Pfarrer Dietmar Heeg
ist Medienbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für RTL und die ProsiebenSAT.1
Media AG, weiter ist er geistlicher Beirat des DJK-Sportverbandes im Bistum Mainz.
Er sagte uns im Interview, dass der Sport trotz der vielen an ihn gesetzten
Erwartungen keine politischen Probleme lösen könne und wie man seiner Meinung nach
im Vorfeld der kommenden Europameisterschaft auf die mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen
im Gastgeberland Ukraine reagieren sollte.
„Zuallererst sollten wir
alle weltweit, ob Christen oder nicht, das Wort erheben und sagen, das sind hier unmenschliche
Zustände, unter denen Frau Timoschenko leidet, aber nicht nur Frau Timoschenko, sondern
es geht hier auch um die vielen anderen Menschen, von denen wir vielleicht nichts
wissen, aber denen vermutlich das gleiche Schicksal nicht nur droht, sondern bereits
Realität ist. Da müssen wir alle immer wieder darauf hinweisen, dass das so nicht
geht. Das hat etwas mit Menschenrechten zu tun.“
Auf die Frage, was
der Sport denn in einer solchen Situation leisten könne, antwortet Heeg:
„Da
halte ich es mit den Worten von Uli Hoeneß, als er kürzlich sagte, er freue sich über
jeden aktiven Sportler, der für die Menschenrechte in der Öffentlichkeit jetzt im
Vorfeld der EM eintritt. Das ist ein Appell an unsere Fußballer, nicht mit ihrer Meinung
hinter dem Berg zu halten. Das muss natürlich keine Äußerung sein, die man auf dem
Spielfeld macht, denn da hat tatsächlich der Sport die Priorität, aber im Vorfeld
kann man sich durchaus äußern. Das sind alles hoch bezahlte Fußballer, die sicherlich
in Interviews befragt werden. Und da würde auch ich mich freuen, wenn alle eindeutig
sagen würden, das geht so nicht mit politisch motivierten Menschenrechtsverletzungen.“
Wichtig
sei, so Heeg weiter, dass das nun aufgeflammte Interesse sich nicht auf die Vorphase
der EM beschränke. Man könne und solle zwar die EM nutzen, um auf diese Umstände aufmerksam
zu machen, aber auch danach sollten Meinungsäußerungen in der Sache und politischer
Druck nicht nachlassen:
„Natürlich rückt ein solches Ereignis wie die
EM ein Land immer wieder in den Fokus, das war bei den Olympischen Spielen in Peking
genauso, als die politische Situation immer mehr in die Schlagzeilen geraten ist je
näher das Ereignis gerückt ist. Genauso ist es jetzt auch mit der Ukraine, das liegt
in der Natur der Sache, wie Öffentlichkeit funktioniert. Aber hier ist Konstanz besonders
wichtig. Gerade wir in Westeuropa müssen besonders sensibel dafür sein. Hier gilt
es immer wieder, das Wort zu erheben und an die Politiker zu appellieren: Lasst die
Ukraine nicht alleine. Die Appelle von Seiten der Politik, die es aktuelle gibt, sind
ja auch in Ordnung: man muss sich ja als Minister oder sogar Bundeskanzlerin nicht
unbedingt mit den staatlichen Repräsentanten treffen, da kann man Akzente setzen.
Und das muss im Vorfeld und während der EM geschehen und darf auf keinen Fall nach
der EM abebben, denn dazu ist das Thema zu wichtig: es geht hier um Menschenrechte.“
Ein
sportliches Großereignis sei für ein Land immer eine große Chance, aber es rücke natürlich
auch politische Probleme stark in den Fokus der Weltöffentlichkeit. Beispiele unter
vielen seien hier die Olympischen Spiele in Peking und Südafrika. Dort konnte das
Sportereignis zwar nicht die politischen Probleme lösen, aber eine Öffnung provozieren,
so Heeg:
„Der Sport in sich hat ja auch die Kraft, Brücken zu schlagen.
Und wenn ich gerade an viele Fußballspiele denke, wo Länder aufeinander treffen, die
sonst nicht miteinander können, aber dennoch sportlich miteinander umgehen, sollte
man diese Kraft des Sports nicht unterschätzen. Man sollte den Sport aber auch nicht
überschätzen. Der Sport löst keine politischen Probleme, sondern der Sport muss bei
seinen Leisten bleiben und kann auf diese Weise völkerverbindend wirken, aber eben
auch nicht mehr.“