Es ist eines der ältesten Klöster der Christenheit überhaupt: Mor Gabriel. 397 nach
Christus wurde es gegründet. Es liegt in Kleinasien, genauer: In der Türkei. Seit
Ende vergangenen Jahres laufen nun Gerichtsverfahren gegen das Kloster, es geht um
Enteignung von Klostergrund der syrisch-orthodoxen Abtei. Das hat in der vergangenen
Woche auch den deutschen Bundestag auf den Plan gerufen: Die Parlamentarier riefen
in einer Aussprache zum Erhalt des Klosters auf. David Gehlen ist Rechtsanwalt und
Mitglied der „Initiative Mor Gabriel.“ Er berichtet von den Vorwürfen gegen das Kloster.
„Es gibt verschiedene Vorwürfe, von den umliegenden Dörfern, also von den
kurdischen und muslimischen Dorfbewohnern, und auch von staatlichen Behörden. Es fängt
an damit, dass gesagt wird, das Kloster habe zum Beten zu viel Land, so viel braucht
man nicht. Dann wird dem Kloster Missionierung vorgeworfen. Im Kloster wird die aramäische
Sprache und syrisch-orthodoxe Religion unterrichtet, das sei illegal. Kinder werden
dort – angeblich illegal – ausgebildet. Man wirft den Klosterbewohnern vor, dass sie
das Land erobert, eine Moschee zerstört und das Kloster darauf gebaut hätten. Das
Kloster soll in ein Museum umgewandelt werden.“
Bis in die 60er Jahre
hinein lebten in der Region um das Kloster noch 200.000 Aramäer, heute ist es nur
noch ein Bruchteil, etwa 2.500. Gehlen berichtet, wie die Situation im Kloster heute
ist.
„Zur Zeit ist die Lage sehr angespannt. Die Leute, die im Kloster
leben – etwa 70 – trauen sich kaum mehr in die benachbarten Städte und gehen wirklich
nur noch aus dem Kloster heraus, wenn sie müssen. Das Klosterleben ist durchweg geprägt
von diesen Gerichtsverhandlungen, und ständig ist da Trubel. Auch der im Kloster residierende
Erzbischof ist sehr angespannt. Es ist eine Situation der Angst und Einschüchterung.“
Das
Kloster stehe in seiner Geschichte nicht allein, es sei quasi ein Symbol für den Umgang
mit Religionsfreiheit und mit den Christen in der Türkei, so Gehlen. Dass es nur noch
so wenige aramäische Christen gebe, habe mit der Vertreibung zu tun, die schon 1915
begonnen habe.
„Diese Politik muss aufhören. Und zwar hört sie dann
auf, wenn ein tatsächliches und umfängliches Umdenken in der Gesellschaft und auch
in der Politik stattfindet. In der Türkei ist eine neue Verfassung im Gespräch, und
diese neue Verfassung muss europäischen Standards genügen. Dann hat sich die Türkei
so verändert, dass auch aramäisches Leben dort möglich ist.“
Hilfestellung
könne Deutschland etwa bei den Beitrittsverhandlungen zur EU leisten. Zum Umgang mit
dem Kloster Mor Gabriel war David Gehlen, Mitglied der Förderinitiative für das Kloster,
als Berater dabei.